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Samstag 15. April 2006

Erstbesteigung

Unser Standort: Vor Anker vor der Ile Fourchue, St. Martin

 

Der Leguan erstarrt mitten in der Bewegung und schaut mich erschrocken an. Ich schaue mindestens so erschrocken den Leguan an, der gerade als ich um den Stein herum kam, auf der Jagd nach einer Heuschrecke einen Satz auf mich zu gemacht hat. Anscheinend ist das Schuppentier hier nicht so sehr daran gewöhnt, während der Jagd gestört zu werden. So stehen wir beide da wie die Salzsäulen und starren uns an.

 

Ich sammele mich zuerst und gehe einen Schritt auf den Leguan zu. Das empfindet dieser allerdings als Anmaßung und verschwindet mit zwei schnellen Sätzen zwischen den Steinen. Na gut. Dann kann ich ja in Ruhe weiter die Entdeckungstour der Ile Fourchue fortsetzen. Michaela wollte auf LA GITANA zurück bleiben und sich ein wenig ausruhen, so bin ich alleine zur Erstbesteigung des Mont Fourchue aufgebrochen. 150m über mir thront der Gipfel und kratzt an den Wolken. Der letzte Anstieg wird kritisch werden. Fast senkrechte Basaltformationen versperren den Weg zum Gipfelglück.

 

Ich schreite dennoch unverdrossen durch die dürre und durch Ziegen abgeäste Landschaft. Auf dem ersten Sattel bietet sich ein traumhafter Ausblick auf St. Barth und die vorgelagerten Inseln. Weiße Vögel mit langen Schwänzen wie Paradiesvögel jagen durch die Luft auf der Suche nach Fischen (wer weiß, wie diese Vögel heißen könnten??) und bei jedem Schritt schrickt eine Heuschrecke auf (aha, daher der Name) und flattert aufgeregt davon.

 

Direkt unterhalb des Gipfels scheint jemand eine Kakteenpflanzung angelegt zu haben, so eng drängen sich die stacheligen Kugeln auf dem kargen Boden. Und plötzlich ist auch ein kleiner Trampelpfad zu erkennen, der zur anderen Flanke des Gipfels führt. Und siehe da - von hier aus ist der Anstieg problemlos machbar. Auf dem Gipfel überwältigt mich ein einmaliger Blick über die umliegenden Inseln. St. Barth liegt direkt nebenan und ich kann die Luxusyachten in den Buchten erkennen. In der Ferne locken als Schattenriss Saba, St. Eustatia und St. Kitts. Wie schade, dass uns diesmal das Anlanden auf Saba versagt geblieben ist. Ich geniesse die Ausssicht, die nicht schwankende Erde und den frischen Wind bevor ich mich auf den Rückweg mache.

 

Auf LA GITANA erwartet mich wieder das stetige Schaukeln in der recht kräftigen Dünung. Der Wind hat inzwischen auf West gedreht und steht ungehindert in die nach Westen offene Bucht. Wir schaukeln nach links und nach rechts, dann wieder nach links und... Nicht gerade verbessert hat die Situation, dass wir den Heckanker heute abend geborgen haben. Aber schließlich wollen bzw. müssen wir morgen beim ersten Büchsenlicht los, um nach Guadeloupe zu segeln. Schade. Auf dieser einsamen Insel hätten wir durchaus noch Wochen verbringen können...

 

Bilder des Tages:

- Der letzte Baum auf der Ile Fourchue hat sein Leben ausgehaucht

- LA GITANA schaukelt in der Dünung

- Irgend jemand findet es amüsant, Gummibärchen als Wolken getarnt am Himmel fliegen zu lassen