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Dienstag 15. Mai 2007

Kollision mit einem Wal!

Unser Standort: Unterwegs von Galapagos zu den Marquesas Inseln - Tag 1

Seit Galapagos gesegelt: 40sm

Noch zu segeln: 2.966sm

Etmal: Gibt's erst morgen

 

Heute um 12:00 Uhr Ortszeit brechen wir zur längsten Segelstrecke auf, die man auf der klassischen Barfußroute üblicherweise zurücklegt. 3.006sm liegen vor uns auf dem Weg zu den Marquesas Inseln in Französisch Polynesien. Merkwürdigerweise sind wir sehr ruhig und nicht aufgeregt. Wir finden sogar noch die Muße ein wenig Wäsche zu waschen und LA GITANA zu putzen, bevor wir Anker aufgehen.

 

Doch keine 3 Stunden nach dem Auslaufen ist es mit der Entspanntheit dahin. Wie schon die letzten Wochen hat es keinen Wind und wir motoren dahin. Gerade haben wir das Groß im 2. Reff als Stütze in der kleinen gemeinen Dünung gesetzt als es einen Schlag tut. LA GITANA scheint über ihren eigenen Kiel zu stolpern und kippt nach vorne wie ein bockiges Rodeopferd. Das ganze Rigg vibriert und das Schiff ist aus 6kn Fahrt urplötzlich zum Stand gekommen. Wir taumeln durch den Aufprall durchs Cockpit. Bevor wir "Scheisse, was war denn das?" denken oder sagen können, taucht neben uns eine große Flosse aus dem Wasser und treibt einen massigen schwarzen Körper in die tiefe der bleigrauen See.

 

Ein Wal! Wir sind mit einem Wal kollidiert!! Scheiße!!!. Sofort rasen wir nach unten und heben die Bodenbretter der Bilge, um einen möglichen Wassereinbruch schnell zu entdecken. Aber es ist alles trocken, Volker kann nichts finden. Als er aus der Kajüte ins Cockpit kommt, empfängt ihn Michaela mit kreidebleichem Gesicht und zitternden Händen.

 

Das gibt's doch gar nicht! Eine Kollision mit einem Wal ist eines der am meisten von Langfahrtseglern gefürchteten Ereignisse. Es gibt Berichte, wonach Wale nach einem Zusammenstoß Yachten mit einem Schlag der Schwanzflosse versenkt haben. Erst vor einer Woche haben wir mit Christa und Martin von der Meitli über Walkollisionen gesprochen. Allein wir glaubten nicht so recht daran. Das Ganze schien uns eine von einer kollektiven Seglerparanoia aufgebauschte Legenden zu sein. Wir kennen schließlich keine Erste-Hand-Erfahrung einer solchen Kollision. Und jetzt sind wir selber dran. Ab sofort glauben wir daran!

 

Nach dem Zusammenstoß sind wir mitgenommen. Was, wenn doch etwas am Schiff kaputt ist? Sollen wir nicht besser nach Isabela zurückfahren und den Rumpfabtauchen? Volker entscheidet sich dagegen. Er wird das Schiff hier auf dem offenen Wasser kontrollieren. Hoffentlich ist keiner der hier allgegenwärtigen Haie in der Nähe. Die Inspektion zeigt, dass wir den Wal mit der Vorderseite des Kiels erwischt haben. Auf der Backbordseite des Kiels fehlt ein guter Quadratmeter Antifouling und Epoxy und das blanke Eisen des Kiels schaut raus. Glück im Unglück kann man da nur sagen. Das war wohl die beste Stelle, den Wal zu erwischen. Hier ist das Schiff besonders stabil und durch den tiefen Treffpunkt konnte die Kippbewegung von LA GITANA eine Menge der Aufprallenergie abfangen. Gar nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn wir mit dem Bug drauf geknallt wären! Und eine leichte Yacht wie die Hunter von Mike hätte wahrscheinlich glatt den Kiel verloren.

 

Also Entwarnung: Mit dem Schiff ist alles ok und es besteht keinerlei Risiko weiter zu den Marquesas zu segeln. Nur wir sinnieren vor uns hin. Wieso passiert das eigentlich immer uns? Können wir nicht mal ohne irgendwelche Probleme zu einer langen Überfahrt starten? Allerdings denken wir auch an den Wal. Hat er sich bei dem Aufprall verletzt? Wird er den Zusammenstoß überleben?

 

+ + + + IMPRESSIONEN UNTER SEGELN + + + +

+ + + + HEUTE: Wal-Arithmetik

Wir haben keine Ahnung, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Segelschiff mit einem Wal kollidiert. Zum einen müssen zwei auf den Weltmeeren doch recht selten vorhandene Elemente sich am gleichen Ort zur gleichen Zeit einfinden. Dann muß der Wal auch noch so tief und fest schlafen, dass er das Schiff nicht kommen hört - immerhin liefen wir unter Motor. Außerdem darf die Crew den Wal nicht rechtzeitig sehen. Alles in allem ist es wohl wahrscheinlicher im Lotto zu gewinnen, als mit einem Wal zu kollidieren. Und das ist das, was uns beruhigt. Denn wenn EIN Zusammenstoß bereits sehr unwahrscheinlich ist, wie unwahrscheinlich ist es dann erst, dass eine Yacht ZWEIMAL mit einem Wal kollidiert? So beruhigen wir uns für die restlichen zig-zehntausend Seemeilen, die noch vor uns liegen. Wir haben unsere Dosis Wal erhalten und haben ab sofort Ruhe! Der kleine Denkfehler ist aber wohl, da es sich hier nicht um bedingte Wahrscheinlichkeiten handelt...

 

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Bild des Tages:

Auch andere Meeressäuger waren heute bei uns zu Gast: Eine riesige Schule Delphine jagte ums Schiff und wir sahen Delphine in alle Richtungen bis zum Horizont. Das waren mehrere hundert Tiere!