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Samstag 19. Mai 2007

Mißglückte Geburtstagsparty auf See

Unser Standort: Unterwegs von Galapagos zu den Marquesas Inseln - Tag 5

Seit Galapagos gesegelt: 603sm

Noch zu segeln: 2.403sm

Etmal: 180sm

 

Heute sollte Michaelas Geburtstag gebührend gefeiert werden. Wer hat schon mal mitten auf dem Pazifik auf 05°Süd und 100°West Geburtstag? Verwöhnprogramm, Entspannen und vor allem keine Arbeit war angesagt. Sozusagen ein Tag im Day Spa LA GITANA mit Volker als Masseur, Pfleger, Butler und Koch. Bis zum Frühstückstee und zur Geschenkeübergabe mit Geburtstags-Bananenkuchen und Ständchen hat dann auch alles wunderbar geklappt. Weiter leider nicht, denn wie so üblich, kam uns mal wieder was in die Quere.

 

Nachdem wir in den letzten 24 Stunden ein fantastisches Etmal von 180sm rausgesegelt hatten - teilweise schossen wir mit 10kn die Wellen runter - verließ den Wind mit steigender Sonne allmählich die Kraft. Die Dünung und Windsee blieben uns allerdings noch erhalten, so dass wir ziemlich hin und her schaukelten und der Wind nicht mehr ausreichte, unser Passatsegel kräftig zu füllen. Und plötzlich passierte es: Ein Knall, dann killte unser Passatsegel, das uns doch so perfekt über den Atlantik gezogen hat und uns auch im Pazifik schon wieder ein Rekord-Etmal schenkte. Das schöne Segel war mal wieder gerissen. Diesmal im Kopfbereich auf der Steuerbordseite. So ein Mist, so ein Ärger! Nicht nur, dass es mit diesem Segel dermaßen kommod ist, im Passat zu segeln. Es war mit 125qm auch unser größtes Segel, was sich gerade bei leichteren Winden sehr vorteilhaft bemerkbar machte.

 

So geht es aber nun nicht mehr weiter. Wir müssen etwas unternehmen und damit fiel sehr zu Michaelas Enttäuschung das Day Spa Programm für heute natürlich aus. Aber das holen wir nach! Zuerst mußten wir nun das Segel von der Rollanlage runterholen. Gar nicht so einfach bei der Rollerei. Dann ab mit ihm ins Säckchen, mal schauen, vielleicht nähen wir es in den nächsten Tagen noch. Jetzt kommt aber zunächst die Genua wieder auf die Rollanlage und das ist noch mühsamer bei dem Geschaukel.

 

Als das alles erledigt war - inzwischen war es gut am Nachmittag - war der Wind so weit eingeschlafen und hatte gedreht, dass wir mit der Segelstellung experimentieren mußten. Also Besan rauf, Besan runter, Spibaum ran und Genua ausbaumen. Spibaum wieder weg und Genua zurück auf die andere Seite. Kurz vor Dunkelheit hatten wir endlich den besten Kompromiss zwischen Fahrtrichtung und Geschwindigkeit gefunden und konnten wenigstens noch ein leckeres Abendessen einnehmen und uns das Geburtstagsständchen von Günter auf der Funkrunde einholen.

 

Danach war's total vorbei. Kein Wind mehr! Die Segel schlagen so erbärmlich, dass wir Angst bekommen, weiteres Tuch zu zerreissen. Im schlimmsten Fall kommt einem hier noch der Mast runter, so schlägt das. Was nun sprach Zeus? Wir fackeln nicht lange. Auf Dümpeln und schlagende Segel haben wir keine Lust. Allzumal wir in die falsche Richtung getrieben werden. Also weg mit den Segeln und den Motor an. Noch haben wir genügend Diesel, um ein paar Flautenlöcher durchzumotoren. Dann tun wir das jetzt auch. Auf Wind warten können wir auch weiter westlich.

 

Und wenn es morgen wieder Wind hat, können wir unseren neuen Blister setzen. In guter Voraussicht hat Volker darauf bestanden, vor der Pazifikreise ein Reserve-Vorwindsegel an Bord zu nehmen. Irgendwie hatte er recht, dass er dem inzwischen doch altersschwachen und daher morschen Passatsegel nicht mehr so richtig traute. Nach 27 Jahren zerlegt sich das Ding eben langsam in seine Bestandteile. Volker ist allerdings wild entschlossen, bei der nächsten günstigen Möglichkeit ein solches Segel anfertigen zu lassen. Diesmal aber nicht aus Nylon, sondern aus leichtem Dacron.

 

+ + + + IMPRESSIONEN UNTER SEGELN + + + +

+ + + + HEUTE: Lebe wohl Booster

Ach was haben wir ihn geliebt, unseren Booster, unser Passatsegel. Daher gibt es heute einen kleinen Nachruf auf dieses herrliche Segel.

Downwind-Strecken stehen bevor und ein Ritual beginnt. Vor Anker liegend wird die Genua in die Segellast verpackt und unser zweilagiges Passatsegel aus Spinnakertuch auf die Rollreffanlage gesetzt. Allein dabei geht für uns schon die Sonne auf, so quietschig schräg schön farbig präsentiert er sich in seinem orange-weißen Streifenanzug. Und dann geht die Post ab. Der Wind kommt von hinten mit 15kn plus. Wir rollen den Booster aus und wie ein Schmetterling aus der Raupe entfaltet er sich vor unserem Bug und LA GITANA hebt augenblicklich ab. Der Speedometer steigt und steigt und hört erst bei neun bis zehn Knoten auf. Es rauscht und gurgelt am Rumpf, während wir von der Wellenkrone mit ungeheurem Speed ins Wellental gleiten. Unten angekommen packt der Booster wieder bissig zu und zieht uns den nächsten Wellenberg hinauf. Der Wind frischt auf über 20kn auf. Jetzt wird mit Gaspedal und Bremse gesegelt. Kein Squall kann uns so erschüttern. Eine Person alleine refft den Booster. Die Schoten kurz fieren und den Knopf der elektrischen Rollanlage betätigen. Selbst bei 40kn kein Stress, nur Freude pur! Der Wind läßt nach? Kein Problem. Etwas ausrollen und Schoten wieder dicht. Und wenn sich abends die Sonne anschickte, vor unserem Bug im Westen zu versinken, dann spendete er uns Schatten und zauberte von hinten angestrahlt mit einem orangefarbenen Licht eine warme Atmosphäre zum Sundowner im Cockpit. Adieu, Du guter Freund! Du wirst uns fehlen!!

 

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Bilder des Tages:

- Vor der großen Arbeit nimmt Michaela Geburtstagsgrüße aus der ganzen Welt am Satelliten-Telefon entgegen

- Unser bestes Segel hat mit 27 Jahren mal wieder das Zeitliche gesegnet. Aber vielleicht können wir es ja nochmals reanimieren.