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Sonntag 20. Mai 2007

Wir fliegen zu den Marquesas

Unser Standort: Unterwegs von Galapagos zu den Marquesas Inseln - Tag 6

Seit Galapagos gesegelt: 751sm

Noch zu segeln: 2.255sm

Etmal: 148sm

 

Die halbe Nacht motort und am frühen Morgen Wind gefunden und somit alles richtig gemacht. Der Wind hat zwar nur zaghafte 10-12kn, aber es reicht zum Segeln. Dennoch wollen wir uns mit diesem Speed nicht zufrieden geben. Volkers erklärtes Ziel ist schließlich, die Strecke Galapagos-Marquesas in 21 Tagen zu bewältigen. Also wird heute wieder mal experimentiert - und zwar mit unserem nagelneuen Blister!

 

Kurz nach Sonnenaufgang geht's los. Dafür hat Volker sogar in Kauf genommen, heute Nacht nur zwei Stunden zu schlafen. Wir studieren die Segelanweisung, sortieren die Leinen und machen alles klar. Dann ziehen wir den Blister zum ersten Mal ins Masttopp. Hhmmm, da hat er sich wohl ein bißchen verdreht, also wieder runter. Neu sortieren, probieren, studieren und plötzlich steht die Blase knall-rot mit blauem Stern am Firmament. LA GITANA macht einen Satz nach vorne und wir fliegen mit 8kn förmlich über die Wellen. Und was für ein angenehmes Segeln. Nichts rollt, nichts schaukelt, wie auf Schienen ziehen wir dahin. Fantastisch!

 

Auf den Funkrunden erkundigen wir uns bei ein paar anderen Yachten, unter welchen Bedingungen sie ihren Blister fahren und ob sie ihn auch nachts stehen lassen. Die Meinungen sind eindeutig: Bis maximal 15kn Wind ist der Blister optimal. Darüber nehmen alle Crews ihn weg. Und bei stabilen Bedingungen lassen viele ihn auch nachts stehen. Wir schauen auf unseren Windmesser. Oh-oh! 18 Knoten Wind. Da sollte das Ding doch schon so langsam geborgen werden, auch wenn es gerade Spaß macht.

 

Das Bergen ist ein Kinderspiel dank Bergeschlauch - zumindest in der Theorie. In der Praxis auf LA GITANA tut sich aber leider nur wenig. Nach einem Drittel des Segels bleibt der Bergeschlauch stecken, obwohl sich Volker beinahe die Arme ausreist. Also wieder rauf, wieder runter, wieder rauf, wieder runter. Es klemmt! So kriegen wir das 85qm-Segel nicht geborgen, obwohl es nun höchste Zeit wird, da der Wind auf 20kn hoch ist. Mist! Zum Glück bleibt Volker cool und besinnt sich eines alten Tricks, Spinnacker zu bergen. Wir hängen am Hals des Blisters den Niederholer aus und nun flattert er ohne Zug wie eine riesige Fahne in Lee des Großsegels und wir können ihn Hand über Hand unter dem Großbaum durch ins Cockpit holen.

 

So geht's ja aber nicht. Die nächsten Stunden gehen daher drauf, um den Bergeschlauch suaber zu sortieren, so dass das nicht noch einmal passiert. Wir werden sehen, wie es beim nächsten Mal klappt. Im Moment bleibt der Blister aber unten, da wir bei 20kn unter Vollzeug auch an die 8kn laufen. Und herrliches Segeln ist es obendrein. Die Welle ist nicht zu hoch, der Wind sehr konstant und seit Galapagos hatten wir noch nicht einen einzigen Squall. Vielleicht ist das der Lohn für den späten Start in den Pazifik?

 

Und damit können wir nun endlich zum gemütlichen Teil übergehen und einen Teil des gestern ausgefallenen Geburtstags nachholen...

 

+ + + + IMPRESSIONEN UNTER SEGELN + + + +

+ + + + HEUTE: Das Rauschen

Eskimos haben über 20 Wörter für Schnee, je nach seiner Beschaffenheit. Segler sollten eigentlich einen ähnlichen Wortreichtum besitzen, um das Rauschen des Wassers am Schiffsrumpf zu beschreiben. Bei Windstille ist es ein Geräusch, das man fast nicht hört, es knistert nur ein wenig und ab und zu macht es platsch, wenn eine kleine, vorwitzige Welle die Bordwand trifft. Doch kaum setzt sich das Schiff in Bewegung beginnt ein zartes Murmeln, als würden sich die Fische etwas zuflüstern. Wir werden schneller und das Wasser beginnt zu gurgeln. Noch schneller und wir vernehmen ein Glucksen, wie von einem fröhlichen Säugling. Doch lange währt die trügerisch friedliche Ruhe nicht. Denn nun schwillt das Geräusch an zu einem Wirbeln, einem Sausen und Brausen. Nun geht es mit 8kn die Wellen hinunter, was dem Wasser nicht gefällt. Es beginnt zu grollen und klingt wie ferner, tiefer Donner. Die Faht wird immer toller und in das Grollen mischt sich nun ein Zischen, Köcheln und Schäumen als würde der Ozean kochen und gierige Zungen an der Bordwand lecken. Der Schiffsrumpf beginnt leicht wie im Fieber zu zittern - der Erlkönig läßt grüßen - als strecke Poseidon persönlich seine kalte nasse Hand nach unserem Schiff aus. Doch bevor er LA GITANA berühren kann, reffen wir ein wenig die Segel und berauschen uns weiter an der Symphonie des Rauschens!

 

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Bild des Tages:

Schläft der Skipper oder lauscht er nur dem Rauschen?