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Samstag 17. Mai 2008

Ein neuer Dauergast auf Canton

Unser Standort: Vor Anker im Canton-Atoll, Phönix-Archipel, Kiribati

 

Die Matangere ist tatsächlich im Morgengrauen angekommen. Doch als wir an Land kommen, ist die Stimmung irgendwie anders als sonst, nicht so fröhlich und ausgelassen. Schnell erfahren wir den Grund dafür. Einer der Passagiere ist heute Nacht völlig überraschend im Schlaf verstorben und soll nun hier auf Canton seine letzte Ruhestätte finden. Die Besatzung der Nei Matangere ist dafür verantwortlich, das Grab im Dorf auszuheben und genügend Lebensmittel an Land zu karren, um eine standesgemäße Totenfeier abzuhalten, bei der es für alle Passagiere und die Cantonesen ausreichend zu Essen gibt.

 

Ehe wir uns versehen, landen wir als Ehrengäste mitten in der Zeremonie. Die Leiche wurde in den Hangar an der Pier gebracht und wir sitzen auf dem Boden im Kreis um den Leichnam herum. Der Vater des Verstorbenen hält mit einem Tuch die Fliegen fern, die natürlich sofort in großen Wolken angerückt sind. Reihum werden Reden gehalten und den Hinterbliebenen wird Trost und Beileid gespendet. Das geht natürlich wieder auf typische Kiribati-Art ab: Man scherzt und lacht und überdeckt so Trauer und die Angst vor dem Geist des Toten. Als alle Reden abgehalten sind, wird das Essen aufgefahren. Unmengen von Hühnchen aus den Tiefkühlbeständen der Matangere, Reis, Nudeln und natürlich reichlich Fisch. Immer noch mit Blick auf den Leichnam nehmen wir das Essen ein. Schließlich wird der Leichnam in eines der Landungsboote geladen und ins Dorf zur Bestattung gefahren. Den Bewohner Cantons ist dabei gar nicht wohl. Nun wird ein weiterer Geist die Insel unsicher machen…

 

Doch es gibt an diesem traurigen Tag auch fröhliche Gesichter. Tabwaru und Tarome freuen sich riesig, dass Lily, ihre Großmutter, wieder nach Canton zurückgekommen ist. Und auch wir freuen uns sehr, sie völlig überraschend wieder zu sehen. Als wir sie vor vier Wochen verabschiedet haben, bestand nur die wage Aussicht, sie im Dezember wieder auf Tarawa zu treffen. Und nun ist sie schon wieder hier. Ihr hat Canton einfach zu gefallen.

 

Bei Donna und Brandon gibt es dagegen lange Gesichter. Die in Tarawa bestellten Lebensmittel sind nicht eingetroffen. Zwar haben die beiden 300 Dollar an Brandons Bruder überwiesen, damit der ihnen Reis, Mehl, Zucker, Gewürze etc. kauft und aufs Schiff stellt. Doch der Bruder hat sich anscheinend einen Dreck darum gekümmert und das Geld wohl lieber für Alkohol ausgegeben. Jetzt ist das Geld futsch und obendrein müssen Donna und Brandon nun die völlig überteuerten Lebensmittel aus dem kleinen Laden auf dem Schiff kaufen. Mit sauerer Miene meint Brandon nur, er habe keinen Bruder mehr.

 

Bild des Tages:

Endlich ist das Geld angekommen, auf das die Cantonesen dringend gewartet haben. Seit mehr als 5 Monaten hat die Regierung keine Gehaelter mehr nach Canton gezahlt. Umso entaeuschter waren unsere Freunde als sie feststellen mussten, dass statt der versprochenen 20.000 AUS$ nur 6.000 angekommen sind... Da half auch das fuenffache Nachzaehlen durch Teta, den Interims-Polizisten und Schatzmeister, nichts.