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Dienstag 05. Mai 2015

35 Seemeilen Horror

Unser Standort: Vor Anker auf 42 Meter Tiefe bei Pulau Kapuliha, Siau, Indonesien

 

Auch nach 10 Jahren können Poseidon und sein Meer uns noch überraschen! Immer wieder hat er Neues auf Lager und wir kommen aus dem Staunen nicht heraus! Hatten wir uns für heute eine ruhige Überfahrt vorgestellt, mit angenehmen 10 Knoten Wind aus WSW und nur 0,7m Welle, dann sollten wir uns getäuscht haben. Denn statt angenehmer Brise und kleiner Welle bekommen wir Wind auf die Nase und eine steile, kurze Hackwelle. Jetzt werden alle Leser wissen, woher das kommt. Richtig! Mal wieder steht ein fetter Strom zwischen den Inseln Ruang und Tahulandang, der uns zunächst durch die Passage schiebt und anschließend derart ausbremst, dass wir lediglich mit 2 Knoten über Grund vorankommen. Aber wir haben auch gelernt, dass das nicht lange anhält und ständig wechselt. Nicht verzagen, einfach weiter…

 

Aber der Strom lässt uns dieses Mal nicht so einfach los. Nachdem er uns geschoben und gebremst hat, kommt er auf halber Strecke nach Pulau Siau, zur Abwechslung mal von der Seite. Und zwar mit vollen 4 Knoten! Er schiebt uns so kräftig zur Seite, dass wir einen Unterschied von 60 Grad zwischen Kurs durchs Wasser und Kurs über Grund haben! So etwas haben wir noch nie gesehen! Zu allem Übel (Michaela hat natürlich wieder die Seekrankheit gebeutelt) sieht der Skipper am Horzizont böse dunkle Wolken aufkommen. Klar, dass der Regen nicht einfach so vom Himmel fällt. Nein, wenn es im Forecast heisst "Wind und Regen" heißt das Squalls, Squalls, Squalls. Die schwarzen Wolken sehen sogar mehr nach einer Squallfront aus und wenn die uns erwischt, dann geht erst einmal für eine Weile die Welt unter!

 

Glück muss der Mensch haben, die Squalls ziehen ohne große Probleme über uns hinweg und bringen uns für kurze Zeit 25 Knoten Wind, den aber leider direkt auf die Nase. Dafür geht der Spuk schnell vorüber und wir kommen unserem nächsten Ziel näher. Jetzt bekommen wir ein bisschen Schiebestrom und der verkürzt diese mehr als unangenehme Überfahrt wieder deutlich. Selbst Michaela kann wieder lächeln und kommt zurück ins Cockpit. Wunderschöne Landschaft, Blick auf den Vulkan, die Sonne lacht, die Riffe sind gut sichtbar - jetzt müssen wir hier im Süden von Pulau Siau nur noch einen Ankerplatz finden. Dann ist die Welt in Ordnung.

 

Wir schleichen in die Meerenge zwischen mehreren Inseln und fahren alles ab, um nach einer ankerbaren Tiefe zu suchen. Doch die findet sich leider nur direkt vor dem Riff und mit 12-15 Knoten Wind von vorne bedeutet das "Legerwall", was wir gar nicht mögen. Wir holen den Anker wieder auf und suchen weiter. Schließlich entscheiden wir uns, den Anker lieber ins tiefe Wasser zu werfen und dafür mehr Platz zum Schwojen zu haben. Es wird unser tiefster Ankerplatz, den wir je hatten. Noch nie haben wir auf 42 Meter den Anker fallen lassen und hoffen, dass wir ihn da auch wieder raus bekommen. Hoffentlich macht das die Ankerwinsch mit! Wenn nicht müssen wir zusätzlich die Muskeln spielen lassen.

 

Kaum ist der Anker eingegraben und hält, dürfen wir testen, ob er wirklich hält und wir nicht doch auf dem Riff landen. 30 Knoten Wind kommen in Böen über den Berg vor uns und zerren an der Ankerkette. Die Welt geht jetzt wirklich unter! Alles ist grau in grau, der Wind peitscht den Regen wie Nadelstiche ins Gesicht und der Himmel öffnete seine Tore. Es regnet nicht, es schüttet und das für einige Stunden. Ein Gutes hat das Mistwetter dann doch: unser Wassertank wird voll.

 

Trotzdem hoffen wir, dass dieser Monstersquall endlich aufhört und der Wind nachlässt. Am späten Nachmittag werden wir erhört und aus dem Sturm wird eine Brise, die von Dauerregen (Schnürrlregen sagen die Münchner) begleitet wird. Und das die ganze Nacht. Die gute Nachricht des Tages war, morgen soll es so weiter gehen und wir sind froh, dass wir nicht mehr auf See sind! Uff, wir haben es gerade noch rechtzeitig geschafft.

 

Bild des Tages:

Eine wunderschöne vulkanisch geprägte Landschaft empfängt uns in der abgelegenen Inselgruppe im Südosten von Siau. Wenn es nur nicht überall so tief zum Anker wäre.