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Donnerstag 07. Mai 2015

Tanz auf dem Vulkan

Unser Standort: Vor Anker unter einer Jesus-Statue im Süden von Pulau Siau, Indonesien

 

Die Nacht war unruhig und das nicht nur, weil der Nordostschwell völlig ungeschützt an unseren Ankerplatz lief und die starken Strömungen die Wellen völlig unberechenbar machten. Für Unruhe sorgte außerdem der FCB, der den Skipper den Großteil der Nacht wach hielt. Für Videos war zwar das Internet zu lahm, aber für die Live-Reportage von B5 aktuell hat's gut gereicht. So krallt sich heute Morgen ein mürrischer unausgeschlafener Skipper an der Kaffeetasse fest.

 

Landausflug gefällig? Hmm, ne danke. Warum verlegen wir uns dann nicht in den Süden von Siau? Dort soll es auch eine Ankermöglichkeit und ordentliche Korallenriffe geben. Ja, warum eigentlich nicht? Dort können wir den Nachmittag dort im Wasser verbringen und morgen die nächste Etappe nach Norden angehen. Klingt gut, machen wir doch glatt.

 

Kaum sind wir unterwegs, ruft uns die Coast Guard über Funk an. Die haben grade wegen der brutal vielen Yachten hier ein wenig den Überblick verloren. Ach, was für eine Überraschung: LA GITANA meldet sich, die einzige Yacht die hier seit letztem Oktober gesichtet wurde. "Enjoy your holiday", schallt es uns schließlich freundlich entgegen. Das haben wir vor. Im Süden der großen versunkenen Caldera gibt es ein paar Sandstrände mit Felsen dazwischen und eine große, weithin weiß leuchtende Jesus-Statue mit ausgebreiteten Armen. Das ganze erinnert schwer an den Zuckerhut und Rio de Janeiro. Hier schmeissen wir den Anker mal wieder auf 30 Meter. Beim ersten Mal erwischen wir irgendwie nur Steine, aslo nochmal hoch damit. Beim zweiten Mal haben wir einen Sandfleck erwischt und der Anker hält bombig.

 

Bombig ist auch der Ausblick, den wir auf den Vulkan haben. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Da ist doch was anders, da stimmt doch etwas nicht. Und dann kapieren wir es erst. Hinter unserem Rücken ist der Karangetang oder auch Api Siau genannt, heftig ausgebrochen. An seinen Flanken rasen Schutt-, Geröll- und Staublawinen ins Tal. Diese sogenannten pyroklastischen Lavaströme machen alles platt, was in ihrem Weg liegt. Immer wieder, immer mehr und immer größer werden die ausgestossenen Lavamengen, immer tiefer Richtung Meer und dem Hauptort Ulu, vor dem wir eben noch gelegen haben, schieben sie sich herab. Inzwischen hat sich eine dichte Staubwolke gebildet, die vom Wind nach Westen getrieben wird so weit das Auge reicht.

 

Wow, der Vulkan ist gerade aber mächtig aktiv und wir dürfen Augenzeugen sein. Müssen wir uns Sorgen machen? Im Internet finden wir nichts und die Fischer, die bei uns vorbeifahren und von denen wir mit Gebärdensprache erfahren wollen, ob das alles noch im grünen Bereich ist, zucken sorglos mit den Schultern. Scheint man stumpft ein wenig ab, wenn man am Fuße eines der aktivsten Vulkane Indonesiens und damit der Welt lebt.

 

Nachdem keine Sirenen heulen und alles ruhig bleibt, müssen wir uns wohl keine Sorgen machen, sondern können das grandiose, atemberaubende Schauspiel ausgiebig geniessen. Hat man ja nun auch nicht alle Tage unter einem aktiven Vulkan zu ankern...

 

Bild des Tages:

Ein pyroklastischer Lavastrom schiesst die Flanke des Karangetang hinab. Dieses Gemisch aus über tausend Grad heißen Gasen, Staub und riesigen Lavabrocken begräbt wie eine Lawine aus Schutt und Steinen absolut alles unter sich.