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Freitag 15. Mai 2015

Sleeping Beauty

Unser Standort: An einer Mooring in der Bucht von Tahuna, Pulau Sangihe, Indonesien

 

Indonesien im Allgemeinen und Sangihe im Besonderen haben sich wirklich eine Liebenserklaerung verdient. Ganz ganz selten findet man eine derartig betoerende Mischung aus atemberaubender Natur und Menschen, die an Hoeflichkeit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft kaum zu uebertreffen sind. Falls es also jemand noch nicht gemerkt haben sollte: WIR LIEBEN INDONESIEN!

 

Ein wenig erstaunlich ist das schon. Denn von weitem betrachtet, also bevor man mit der Yacht nach Indonesien reist, liest und hoert man viel, das einen regelrecht abschrecken kann - und viele Yachten auch tatsaechlich abschreckt oder in die Geborgenheit einer durchorganisierten Rallye treibt. Da ist zunaechst einmal der ganze Papierkram, angefangen beim CAIT und dem speziellen Visum fuer einen laengeren Aufenthalt. Fuer beides benoetigt man mehrere Wochen Vorlaufzeit, einige hundert Dollar extra und einen Agenten, der sich darum kuemmert. Auch von der Einklarierung ausserhalb von Rallyes liest man immer wieder beunruhigende Geschichten von korrupten und hinterhaeltigen Beamten, Sprachschwierigkeiten, Agenten vor Ort, die einen ausnehmen wollen. Zudem kursieren Geschichten von Yachten, die an die Kette gelegt wurden, weil ein Komma in ihren Papieren nicht stimmte. Auch stehe es mit der Versorgung schlecht, Diesel zum Beispiel ist nur unter der Hand und unter grossen Schwierigkeiten erhaeltlich. Ruehrt man in diese Gemengelage noch tiefe, schwierige Ankerplaetze, Sprachschwierigkeiten und die ewige Rennerei die Visa jeden Monat zu verlaengern, wird schnell klar, warum Indonesien von so wenigen Yachten besucht wird. Zwar ziehen jedes Jahr mehrere hundert davon mit der Sail Indonesia Rallye von Australien nach Singapur. Aber frei cruisen tun hier nur extrem wenige.

 

Dabei bietet Indonesien mit seinen 13.000 oder so Inseln und Inselchen unfassbar viel. So gesehen ist der Cruising Ground Indonesien eine wunderhuebsche Prinzessin, die in einem merkwuerdigen Dornroeschenschlaf verharrt. Denn bei Licht betrachtet stellen sich die ganzen Horrorstories ueber Indonesien als bestenfalls marginal richtig dar. Klar ist da jede Menge Buerokratie und auch etwas Korruption, aber mit einem Laecheln geht es immer - und eigentlich findet sich immer jemand, der sich halb umbringt, um einem weiterzuhelfen. Wir haben hier keinerlei Schikane oder Betrug erlebt, noch nicht einmal auf dem Markt haben wir andere Preise als die Einheimischen bezahlt. "Just go with the flow", muss das Motto sein, dann ist Indonesien fuer Yachten ein Paradies auf Erden. Das ganze Bohei um die Papiere muss man einfach akzeptieren und das Spielchen mitspielen. Auf den Tisch schlagen und eine Behandlung wie in Deutschland zu fordern, geht eben nicht.

 

Beispiele gefaellig? Bitteschoen: Als wir nach Indonesien einreisten hatte der Agent auf unseren Papieren Mist gebaut und LA GITANA als USA-geflaggt angegeben. Das fiel uns erst auf, als wir in Sorong den Temporary Import Permit erneuert haben. Etwas nervoes sassen wir beim Zoll, ob die nun merken wuerden, dass unsere Papiere aus Deutschland sind. Haben sie tatsaechlich gemerkt. Aber kein Wort gesagt, sondern einfach in den Pruefungsbericht reingeschrieben. Den erhielt unser Agent sowie das fuer uns zustaendige Zollamt in Manado, wo wir ebenfalls als amerikanische Yacht gefuehrt wurden. Als wir nun unsere Papiere fuer die Ausklarierung erhielten, stand urploetzlich ueberall Deutschland. Still und heimlich hat man LA GITANA in Indonesien also umgeflaggt. So genau nimmt man es hier mit den Papieren.

 

Das zweite Beispiel erlebten wir heute bei der Ausklarierung. Als wir bei Immigration sind, um uns den Ausreisestempel in die Paesse geben zu lassen, werden wir in ein Buero gebeten. Zuerst denken wir, dass es jetzt irgendwelche Probleme geben wird. Doch dann erklaert der Beamte unserem Begleiter und Dolmetscher Deavid (ein weiteres Beispiel fuer die Hilfsbereitschaft der Indonesier: Deavid vom Fremdenverkehrsverband hat sich foermlich aufgedraengt, uns heute bei der Ausklarierung zu helfen), dass er uns zwei Tage zusaetzlich gibt, wir also bis einschliesslich Sonntag offiziell in Tahuna liegen bleiben duerfen, falls irgendetwas mit dem Wetter oder so nicht gut waere.

 

Zwei Tage zusaetzlich von Immigration!! Wo gibt's denn so was sonst?! Normalerweise ist das die Behoerde, die darauf besteht, dass man unverzueglich, am besten innerhalb von nur drei Stunden Anker aufgeht und verschwindet. Wir sind sprachlos.

 

Als dann die Sprache auf eine Klarierung vom Hafenkapitaen kommt, finden wir auch hier eine sehr pragmatische Loesung, uns diesen Weg zu ersparen. Genau genommen liegen wir ja gar nicht im Hafen, sondern auf der anderen Seite an einer der Moorings. Das geht den Hafenkapitaen nichts an und wir koennen uns diese Formalitaet schenken. So geht Buerokratie eben auch. Wo es viele Vorschriften gibt, wird man sehr kreativ darin, diese auszuhebeln oder zu umgehen.

 

Jetzt bleibt uns nur noch, ein bisschen Obst auf dem Markt einzukaufen, bei unserem Lieblings-"Restaurant" unsere Lieblingsnudeln zu Mittag zu essen und unsere letzten Rupien im Supermarkt in Bier umzutauschen. Dann winschen wir das Dinghi an Deck, laschen es fest - und sind bereit fuer einen Start ganz frueh am Morgen. Wir planen die Strecke nach Davao in Tagesetappen zurueckzulegen, denn eigentlich befinden sich hier alle dreissig, vierzig Seemeilen Inseln. Dumm ist nur, dass die Karten fuer die Inseln unzureichend sind und es auch keinerlei Google Earth Aufnahmen davon gibt. Auch haben wir keinerlei Informationen von anderen Yachten, dass dort jemals jemand geankert hat. Wir erwarten wie ueberall hier aeusserst schwierige Ankerverhaeltnisse mit steil abfallenden Riffen, grosser Tiefe und wenig Schutz. Aber das Wetter ist sehr ruhig vorhergesagt und irgendwie und irgendwo werden wir unseren Anker schon so hinbekommen, dass wir halbwegs ruhig und sicher liegen. Es bleibt also spannend...

 

Bild des Tages:

Besser als tausend Worte beschreibt dieses Photo die besondere Stimmung Indonesiens