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Samstag 30. Mai 2015

Zum Fremdschämen

Unser Standort: In der Holiday Ocean View Marina, Samal Island, Mindanao, Philippinen

 

Die Nerven liegen blank. Zum Glück nicht bei uns, sondern bei unseren amerikanischen, englischen und australischen Freunden, die derzeit die absolut dominierende Übermacht in der Marina stellen. Zwar sind im Moment noch nicht so richtig viele bewohnte Yachten hier, dennoch haben die anderen Segler die totale Panik, dass sie bei den kostenlosen Bus- und Shuttlefahrten, die die Marina netterweise anbietet, um uns Yachties das Einkaufen in Davao zu erleichtern, zu kurz kommen könnten.

 

Seit Tagen wird schon eifersüchtig darauf geschielt, wie viele Personen von welcher Yacht wie oft den Shuttle nehmen oder im grünen Bus bei der Rückfahrt vom Großeinkauf drinsitzen dürfen. Der grüne Bus fährt einmal alle zwei Wochen zu einer der großen Malls von Davao, wo man dann die großen und schweren Sachen einkaufen kann, die in dem Van von der Mall direkt zur Marina gefahren werden. Das heißt man hat bei diesen Fahrten nicht das Problem, wie man große und schwere Pakete über die Fähre bekommt. Da bei diesen Runs aber alle immer ziemlich viel einkaufen, ist auf der Rückfahrt nicht mehr genügend Platz für alle Segler. Manche müssen daher ein Taxi und den unbequemen Weg zu Fuß über die Fähre nehmen.

 

Ein paar haben nun den Eindruck, dass es immer die gleichen sind, die bei der Rückfahrt ein Taxi nehmen und bezahlen müssen. Daher würden sie gerne einen "Taxikosten-Fonds" aufmachen, in den alle einzahlen, die mit dem grünen Van in die Stadt fahren. Doch andere wehren sich mit Händen und Füßen dagegen. Hier geht es wohlgemerkt um den horrenden Betrag von ungefähr einem Euro pro Person! Und das alle 14 Tage!! Manchmal schämen wir uns wirklich für unsere Seglerkollegen. Das ist schlimmer als jede Schrebergartenkolonie. Und Geiz ist ja schon geil. Aber wenn Leute, die auf 46 Fuß Katamaranen sitzen, sich um einen Euro alle zwei Wochen streiten, dann wird's schon peinlich. Und zwar für beide Seiten: die, die nicht in den Fonds einzahlen wollen, sondern lieber die Ellenbogen ausfahren, um im Bus zu sitzen. Und für die, die den einen Euro auf die Gemeinschaft verteilen wollen.

 

In diese Gemengelage hinein hat nun Cheene, Sekretärin und Mädchen für alles der Marina, ein Meeting einberufen, um einen neuen Bus- und Shuttlefahrplan mit uns Seglern abzustimmen. Leider geht durch ihr nicht optimales Englisch ein wenig unter, was genau anders oder besser werden soll. Und ein paar der Segler gehen sofort hoch. Das müsse so und so sein, dann und dann, von hier nach dort, Unverschämtheit, Frechheit, unser Anspruch, unser Recht, geht gar nicht. Und wenn man schon dabei ist, wird auch gleich der ganze andere Frust abgelassen. Es ist nicht sauber genug in der Marina, die Toiletten sind nicht so wie man sich das wünscht, die Duschen nicht heiß genug, die Zigarettenstummel zu viele und und und.

 

Und die arme Cheene steht da und lächelt dazu. Irgendwann kommt sie dann nochmal zu Wort und versucht sich zu erklären. Und plötzlich wird es deutlich und klar: die Führungsebene der Marina hat den Busfahrplan nicht zusammengestrichen, sondern Cheene hat uns den Fahrplan eines zusätzlichen Buses vorgestellt, der nun Montag bis Donnerstag täglich bis ins Stadtzentrum von Davao hineinfahren soll. Ebenfalls kostenlos. Das ist nun aber wirklich ein geiler Luxus.

 

Doch wer nun glaubt, dass die Yachties Danke für die tolle Nachricht sagen, der hat sich getäuscht. Kein Beifall, keine Anerkennung, kein nichts. Dann können wir jetzt ja gehen - und dann wird gegangen. Zum Fremdschämen ist das.

 

Bild des Tages:

So sieht es aus, wenn man nicht in einem klimatisierten und kostenlos von der Marina gestellten Toyota-Van, sondern mit Jeepney, Fähre und Tricycle, einem Moped mit überdachtem Seitenwagen von Davao aus in die Marina zurück muss. Nicht nur reichlich unbequem, heiß und staubig, sondern auch noch teurer als ein Euro.