Listinus Toplisten



LOGBUCH
<<  <  04/2007  >  >>

Freitag 15. Juni 2007

Franzosen-Insel

Unser Standort: Vor Anker vor dem Ort Hakahau, Oa Pou, Marquesas, Französisch Polynesien

 

Nach dem ersten Erkundungstrip gestern ist heute ein Lust-Ausflug angesagt. Als erstes lenken wir unsere Schritte Richtung Boulangerie. Alle, die wir gestern kennengelernt hatten, versicherten uns, dass es nach 07:00 Uhr kein Baguette mehr gäbe. Dennoch versuchen wir um 09:00 Uhr unser Glück. Und siehe da, wir haebn es auch! Wir bekommen noch fünf Baguettes sowie eine kleine Palstiktüte mit Paprika. Den Preis verschwiegen wir lieber mit rotem Kopf. Wobei, das Brot kostet nur 0,60 Cent, da der Preis auch hier wie in Frankreich staatlich geregelt ist. Dann waren es wohl doch die Paprika. Oder vielleicht die Eclaires und Profiteroles, die wir zum zweiten Frühstück auf der Terasse der Bäckerei genossen haben. Hhhmmm, nach fast zwei Jahren endlich wieder französische Schweinereien!!

 

An der Post erhalten wir einen Dämpfer. Es gibt keine SIM-Karten für Mobiltelefone. Die Studenten haben Ferien und alles leergekauft. Na dann eben auf der nächsten Insel oder in Tahiti. Jetzt werden wir mit unseren schwankenden und schwachen Seebeinen erst einmal den Hügel üner dem Dorf erklimmen, von dem man eine tolle Aussicht haben soll. Das ganze wird zur schweisstreibenden Angelegenheit. Vielleicht hätten wir doch auf die Schweinereien verzichten und den Hügel in Angriff nehmen sollen, als es noch nicht ganz so heiß war.

 

Der Blick von oben entschädigt jedoch für den vergossenen Schweiß! Rechts von uns ist eine einsame Bucht mit weißem Sandstrand. Voraus wiegen die Segelschiffe sanft in der Dünung und links und hinter uns erstreckt sich das Dorf bis in die Hügel. Nur ein paar Ecken der Wellblechdächer schauen zwischen dem dichten Grün hervor. Dahinter steigen die Bergspitzen von Oa Pou senkrecht in den Himmel. Mehrere ehemalige Vulkankerne stehen wie Zuckerhüte aus dem Grün und werden von dunklen Wolken umspielt. Ein dramatischer Anblick.

 

Beim Abstieg machen wir in einer kleinen Pension halt, die von einem Franzosen und seiner marquesischen Frau betrieben wird. Bei frischem Grapefruitsaft erfahren wir, dass sie aus Tahuata stammt - und zwar aus dem Dorf, das wir vorgestern besucht hatten. Wir erfahren eine Menge über das Leben hier. Zum Beispiel, dass hier langsam aber sicher harte Drogen Einzug halten. Ecstasy ist unter den Jungen weit verbreitet und inzwischen finden auch Crack und Ice ihren Weg hierher. Wie kann man sich in einer solchen Umgebung nur so die Birne zudröhnen?? Aber für die jungen Leute hier zählt wie bei uns nur das hier und jetzt. Sie wollen einen SUV besitzen, nehmen dafür einen Kredit auf und arbeiten wie die Irren, nur um dieses Auto zu finanzieren. Für etwas anderes bleibt nichts übrig. Das heißt, eigentlich hören sie wohl zu arbeiten auf, wenn die Rate für den SUV verdient ist. Sparen ist ein Fremdwort. Das gleiche machen sie für ihre Klamotten - dank MTV hat hier auch der Gangsta-Look Einzug gehalten. Die alten Marquesianer schütteln darüber nur den Kopf. Klingt irgendwie vertraut, oder?

 

Wir machen es anders und investieren unser Geld lieber in etwas Bleibendes. Ein Mittagessen zum Beispiel ;-) Dabei lernen wir Piro, den Bäcker kennen. Er ist ein wahnsinnig netter Kerl und fährt Volker später zu allen möglichen Besorgungen. Er war dreißig Jahre lang in der französischen Marine, davon lange Zeit hier in Französisch Polynesien. Hier hat er seine marquesianische Frau kennengelernt und sich nach seinem Ruhestand gemeinsam mit seiner bildhübschen Tochter auf Oa Pou niedergelassen. Jetzt betreibt er die Bäckerei und ein kleines aber gut besuchtes Restaurant. Er erzählt mir, dass er von der Tiare gestochen wurde. Die Tiare ist die herrlich duftende Nationalblume Tahitis, hat aber keine Stacheln. Der Stich ist also wohl eher süsslich. So beschrieben vor 20 Jahren die französischen Marinesoldaten, wenn jemand vom Virus Tahiti infiziert wurde.

 

Auch er erzählt uns vom Leben auf einer Insel. Dass man zusammenhalten und immer etwas für die anderen tun müsse. Das hören wir auch vom Betreiber des Internet-Cafés (auch Franzose), der auf den kleinen Nachbarjungen aufpasst, wenn der alleinerziehende Papa mal wieder ein paar Tage verschwunden ist. Dass die Marquesianer sehr rassistisch seien. Insbesondere wollen sie keine Araber auf den Inseln haben und haben wohl schon einige, die versucht haben hier Fuß zu fassen, weggeekelt. Mit den Franzosen scheint's aber ganz gut zu gehen.

 

Und die haben die Insel bereits so stark geprägt, dass wir den Eindruck bekommen, in Frankreich zu sein (was wir ja auch sind). Es wird Petanque gespielt, alle kaufen morgends frisches Baguette, zum Mittagessen sitzt man bei Steak Frites und einem Glas Wein zusammen und im Supermarkt gibt es Produkte von Maille, Amora und naürlich alle möglichen Patés. Hier gefällt's uns ;-)

 

Bild des Tages:

Unser Liegeplatz am Fuße eines ehemaligen Vulkankernes - traumhaft schön, da wir es geschafft haben, den Breakwater hinter einer Mimose zu vertsecken ;-)