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Mittwoch 20. Juni 2007

Früchteregen im Museum

Unser Standort: Vor Anker in der Baie d'Hakahetau, Ua Pou, Marquesas, Französisch Polynesien

 

Den Vormittag verbringen wir mit Funken, Wetterdaten einholen und LA GITANA auf die Überfahrt zu den Tuamotus vorzubereiten. Wir wissen nun, wann an den Pässen in die Atolle Stillwasser sein wird und wo wir unbedingt hin möchten. Wind scheint es die nächsten Tage mit 20kn ausreichend zu geben, allerdings kommt er aus Ostsüdost. Das bedeutet, dass wir die Strecke zum Atoll Makemo wohl am Wind segeln werden müssen.

 

Am Nachmittag steht unser Landgang in Hakahetau auf dem Programm. Der Schwell hat in den letzten 24 Stunden fast vollständig nachgelassen und wir sehen schon die Besatzungen der 10 Schiffe, die vorgestern hier eingelaufen sind, im Dorf rummarschieren. Ist ja auch einfach! Bei den Bedingungen kann hier auch wirklich jeder mit dem Dinghy anlanden.

 

Als erstes geht's zum chinesischen Laden, um unser bestelltes Baguette abzuholen. Der Besitzer ist ganz zerknirscht, als er uns sieht. Der Bäcker in Hakatau hat doch glatt das von ihm bestelle Baguette verkauft und daher hat er keines für uns. Truarig und mit tausend Entschuldigungen gibt er uns unser Geld zurück. Dann kaufen wir eben im anderen Laden nochmal tiefgefrorenes Baguette. Und - oh Glückes Geschick tirili! - es gibt heute auch wieder Eier.

 

Derweil erwartet uns schon unser Rasta-Früchtelieferant. Der Tisch im Garten biegt sich unter Pampelmusen, Orangen, Papaya und Mangos. Wir reichen ihm die beiden Reggae-CDs und als der Titel Ganja Planter Reggae sieht, kann er sich ein Grinsen nicht mehr verkneifen. Die CD wandert direkt in den CD-Spieler und dann erzählt der Gute uns von der Drogensituation hier auf Ua Pou. Cannabis wächst hier wie Unkraut und jeder hat seine kleine Parcelle. Außerdem würden immer mehr findige Segler Kokain, Crack und Ice aus Panama importieren. Ganz klar sagt er uns, dass die Mehrzahl an harten Drogen von den Seglern stammt. Wir schauen uns verwundert an. Was sind wir doch blauäugig und naiv. Bei uns findet ja nichtmal Gras als Droge statt. Überhaupt keine Rede davon, dass wir harte Drogen konsumieren oder transportieren. Aber es scheint dann doch genügend Segler zu geben, die das Risiko nicht scheuen und aus Südamerika signifikante Mengen an Drogen schmuggeln, um ihre Bordkasse aufzubessern. Eine Sauerei, wie wir finden. Dass man auf einer Insel wie Ua Pou Cannabis konsumiert, können wir ja verstehen. Was hier aber harte Drogen zu suchen haben ist uns schleierhaft. Aber wahrscheinlich findet ein Teil der Dorfbewohner das Leben hier eben doch nicht so paradiesisch...

 

Ernüchtert von dieser Erfahrung ziehen wir weiter, um unsere Wäsche bei Celestine abzuholen. Sie bittet uns in ihr wunderschönes Haus mit einer atemberaubenden Aussicht auf die Bucht und serviert uns hausgemachte Zitronenlimonade und frische Mangos. Wir kommen ins Reden und dann gesellt sich noch Toni, ihr Mann dazu. Toni ist Bildhauer und fertigt aus Stein und Holz atemberaubend schöne Tikis, Casse-Tetes (wörtlich Schädelbrecher) und Pylons (die marquesianische Variante von Mörsern) an. Ihr Haus ist ein wahres Museum und so erfahren wir, dass dies tatsächlich der Fall ist. Toni hat mehr als 600 Schnitzereien, teils zeitgenössich, teils antik, gesammelt und plant in den nächsten 12 Monaten in Hakahau ein Museum zu eröffnen. Außerdem schult er junge Steinmetze und Holzschnitzer und hat zu jedem Stück eine interessante Geschichte parat. Wir bekommen vor lauter Staunen den Mund nicht mehr zu.

 

Insbesondere ein Casse-Tetes hat uns begeistert. Er ist aus Stein gearbeitet und 1,80m hoch. Der Stein, aus dem er in einem Jahr herausgearbeitet wurde, wog 250kg. Der Casse-Tetes selbst ist noch 50kg schwer. Toni erklärt uns die Bedeutung der darauf enthaltenen Symbole, die die verschiedenen Marquesas-Inseln symbolisieren. Angeblich hat einmal ein Segler diesen Casse-Tetes unbedingt haben wollen. Selbst als Toni den Preis auf 3 Millionen Euro festgesetzt hat. Am Ende hat sich Toni dann aber doch gegen das Geld entschieden und den Casse-Tetes lieber behalten. Dazu haben zu viele Familienmitglieder daran mitgearbeitet. Schön, wenn man solch unmoralische Angebote ablehnen kann...

 

Zum Abschied werden wir nochmal mit einer großen Tüte Mangos ausstaffiert und wieder zum Landesteg zurückgefahren. Ach, sollen wir nicht doch noch drei Wochen hier auf den Marquesas bleiben und die Tuamotus irgendwann später machen? Nein, wir fahren morgen weiter und kommen lieber im Dezemebr wieder zum Festival hierher!

 

Bild des Tages:

Der Blick von der kühlen Terasse von Celestine und Toni ist atemberaubend. Da bekommen wir zum ersten Mal Lust, LA GITANA gegen ein nicht schwimmendes zuhause einzutauschen...