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Sonntag 24. Juni 2007

Vom Entschleunigen

Unser Standort: Unterwegs von den Marquesas zu den Tuamotus, Französisch Polynesien - Tag 4

Seit Marquesas gesegelt: 401sm

Noch zu segeln: 81sm

Etmal: 127sm

 

Slowfood gibt's ja als Bewegung schon und vertritt durchaus eine Philosophie, mit der wir uns identifizieren können. Vielleicht gründen wir jetzt die Slowsail Bewegung. Nicht dass wir gegen unseren Willen langsam unterwegs wären. Nein, nein. Um am Montag in das Atoll Makemo einlaufen zu können, müssen wir möglichst bei Stillwasser, also dem Übergang von Flut zu Ebbe oder andersrum, ankommen. Und Stillwasser ist laut unseren Programmen am Montag um 11:38 Uhr.

 

Damit stehen wir nun vor einem kleinen Problem. Wir waren bisher zu schnell und kommen, wenn wir so weiter segeln, bereits um 05:00 Uhr morgends an. Also müssen wir alle Tricks rausholen, um das Schiff langsamer zu machen. Regatta invers sozusagen. Das Groß haben wir bereits im zweiten Reff und damit maximal reduziert. Statt Genua fahren wir seit 48 Stunden eigentlich nur noch die 18qm Fock. Dennoch zeigt unser Blick auf die ETA immer noch zu früh an. Wenn wir jetzt schneller werden wollten, dann ginge garantiert nichts. Andersrum haben wir das Gefühl, dass wir bei jeder Verkleinerung der Segelfläche einen Tick schneller wurden.

 

Inzwischen rechnen wir ganz massiv: Wann müssen wir das Großsegel wegnehmen und den Besan im ersten Reff setzen, wann nur noch unter Fock laufen und wann müssen wir uns möglicherweise ganz treiben lassen oder beidrehen?? Wir würden es ganz gerne vermeiden, vor dem Atoll auf und abzukreuzen und auf den Zeitpunkt der Riffdurchfahrt zu warten. Mal schauen, wie wir das hinkriegen. Langsam segeln hat aber durchaus Vorteile. Man sieht mehr von der Wasserwüste um uns herum und besonders bei Am Wind Kursen kracht das Schiff nicht so in die Wellen. Da kann man sich richtig dran gewöhnen. Wer also in die Slowsail Bewegung eintreten möchte, schicke bitte eine Flaschenpost (alles andere ginge zu schnell) an Die Seezigeuner, Atoll Makemo, Tuamotus. Wenn wir es geschickt anstellen, ist Eure Flaschenpost dann schon vor uns in Makemo ;-) Es lebe Slowsail!

 

 

 

+ + + + IMPRESSIONEN UNTER SEGELN + + + +

+ + + + HEUTE: Symphonie in Schiff-Dur

Wirklich erstaunlich, welche Geräusche und Klänge ein segelndes Segelschiff entwickeln kann. Da knarzt und quietscht, heult und saust, wummert und dröhnt, scheppert und klappert, fiebt und jault, krächzt, ächzt und stöhnt, schlägt und vibriert es in einer Tour und von überall her. Geschundenes Material in THX und Dolby Surround. Das ganze verdichtet sich zu einer eindrucksvollen Geräuschkulisse, die nur dem Takt der Wellen und der Windböen gehorcht. Eine Viertelnote nach dem Wellenberg knarrt die Großschot im Block, dann kommen zwei Sechzehntel, die von der Olivenölflasche im Regal geschlagen werden, die Bö fällt ein und der Besan heult sanft zwei Takte lang sanft auf. Eine einzige Symphonie! Und dass uns nicht langweilig wird, mischt der große Komponist immer neue Klangvariationen und Rhythmen bei. Ah, dieser Akkord der klappernden Töpfe war doch in der letzen Aufführung noch nicht da! Und das GRRZZHHH der Fockschot entwickelt sich langsam zum Leitmotiv. Wenn wir nur nicht hinter jedem Geräusch etwas Böses, das kaputt zu gehen droht, vermuten würden...

 

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Bild des Tages:

Nein, heute gibt es keine Fotomontage und auch kein farblich überarbeitetes Bild. Wir segeln tatsächlich im Roten Meer! So intensiv karmesinrot leuchtet der Himmel im Westen, dass sogar das Meer errötet.