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Freitag 29. Juni 2007

Schwerer Unfall auf Legerwall

Unser Standort: Vor Anker hinter Kari Karina, Tahanea-Atoll, Tuamotus, Französisch Polynesien

 

Den ganzen Vormittag diskutieren wir rum, wo wir uns nun als nächstes hin verlegen sollen. Wir holen Wetterberichte ein, bis der Arzt kommt, und en entscheiden uns schließlich, auf diesem Ankerplatz zu bleiben, da die Winddrehung auf Südwest erst morgen kommen soll. Ein fataler, nicht so sehr für uns wie für andere, wie sich herausstellen sollte.

 

Entgegen den Wetterberichten zieht um 14:00Uhr eine immense Squall-Wand auf und auf und zu. Innerhalb kürzester Zeit steht eine 1,5m hohe Welle auf den Ankerplatz und es pfeift mit 25-30kn! Keine tolle Situation. Das Riff um das Motu, VOR dem wir nun urplötzlich liegen, ist nur noch 10m hinter unserem Heck! Volker macht einen Schnorchelgang, um den Anker zu prüfen und muß feststellen, dass die Kette in einer großen Schleife um die Korallenblöcke rum ausliegt. Zuviel Zug auf die Kette und sie wird sich ausziehen und das Riff an unserem Hintern wird noch näher rücken. Schlimmstenfalls werden wir auch den Anker ausbrechen, wenn der Zug der Kette plötzlich aus der falschen Richtung kommt. Wir beschliessen umzuankern, weiter weg vom Ufer. Es stürmt und schüttet was geht doch wir finden ein Plätzchen weiter draussen und der Anker hält. Uff, da können wir dann doch einigermassen beruhigt schlafen, auch wenn LA GITANA wie verrückt in der Welle tanzt.

 

Wir sind gerade fertig mit der Umankerei als auf Kanal 16 ein Notruf reinkommt. Bernd auf der Second Life, die nur 100m entfernt liegt, hat sich beim Ankermanöver schwer verletzt. Sofort wird die gesamte Ankerbucht (außer uns und der Second Life liegen noch drei andere Schiffe hier) alarmiert und Volker setzt zur Second Life über. Ihm bietet sich ein Bild des Grauens! Bernd hat beim Versuch, die Ankerkette zu sichern irgendwie die Hand zwischen Kette und Kettenrad bekommen und sich den Mittelfinger der linken Hand komplett und vom Ringfinger zwei Glieder abgerissen. Außerdem ist der kleine Finger mehrfach gebrochen und gequetscht und eine am Daumen hat er eine lange Schnittwunde. Scheisse! Sylvia von der Tanoa kümmert sich bereits unter Funkanleitung von Antje, die Krankenschwester ist, um die Wundversorgung. Michael und Volker machen sich daher mit Unterstützung von Paul und Glenn von der Impression an die Sicherung des Ankers. Er hängt nur noch am dünnen Sicherungsfaden am Ende der Kette. Noch fünf Minuten und die Second Life hängt auf dem Riff. Nach einigem Malheur, vielen Problemen und drei Stunden schaffen wir es schließlich, die Ankerkette zumindest für die Nacht zu sichern.

 

In der Zwischenzeit wurde Bernd verbunden und mit Schmerzmitteln vollgepackt. Er ist vollkommen klar, jammert überhaupt nicht oder ist im Schock. Und überall ist Blut. Auf dem Deck, im Cockpit, im Salon. Und Volker findet außerdem die abgerissenen Finger auf dem Vordeck und sammelt sie ein. Nur nicht dran denken, was man da gerade aufhebt. Mehr können wir im Moment nicht tun und da wir völlig durchgefroren sind und es bereits dunkel geworden ist, kehren wir alle auf unsere eigenen Schiffe zurück, um dort die Anker zu kontrollieren.

 

Wir sind völlig fertig und entsetzt. Ein so schwerer Unfall in dieser abgelegenen Gegend. Kein Mensch weit und breit und die nächste Klinik ist zwei Tagesreisen entfernt in Tahiti. Wir dürfen gar nicht drüber nachdenken, wie schlimm es Bernd erwischt hat und hoffen, dass wir von solchen Unfällen verschont bleiben werden. Jetzt gilt es aber erstmal nachdenken, wie wir Bernd so schnell wie möglich in die Klinik nach Tahiti bringen können.

 

Bild des Tages:

Vor dem Unfall hatten wir noch die Muse, das Schietwetter zu fotografieren. Man erkennt die Monja kaum mehr...