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Dienstag 03. Juli 2007

Kokoskrabbenjagd und Robinsonleben

Unser Standort: Vor Anker hinter dem östlichen Aussenriff, Tahanea-Atoll, Tuamotus, Französisch Polynesien

 

Caveo, das ist der polynesische Name für die Kokoskrabbe, einen nachtaktiven Landkrebs, der sich unter anderem vom Fleisch der Kokosnüsse ernährt, die er mit seinen kräftigen Schere spielend zerreist. Die Kokoskrabbe soll eine absolute Köstlichkeit sein, ist aber in den letzten Jahren stark dezimiert worden. Man findet sie nur noch auf wenigen, vorzugsweise unbewohnten Atollen. In Restaurants werden gesalzene Preise für diese Delikatesse verlangt und gezahlt und in den Büchern Moitessiers finden sich zahlreiche Hinweise zur Jagd auf die Biester, die bis 3kg schwer werden können.

 

Kokoskrabbe sollte es also gestern abend sein, als die Herren der Jagdschiffe Monja, Antje und LA GITANA um 21:00 Uhr mit dem Dinghy zum Nachbarmotu aufbrachen. Bewaffnet mit Taschenlampen, Macheten, Gummistiefeln, Kabelbindern und Leinen war das Ziel, möglichst viele, möglichst große Kokoskrabben für ein Picknick am Strand zu ergattern. Wir landen gerade mit dem Dinghy an, da hat Herwig schon die erste entdeckt. Direkt am Strand sitzt sie auf einer Kokosnuss (s. Bild des Tages). Trotz der mächtigen Scheren, die wahrscheinlich locker einen Finger abtrennen können, heißt es nun entschlossen zu handeln. Zuerst den Fuß auf den Hinterleib des Krebses stellen, dann läuft er nicht mehr weg. Dabei müssen wir aber darauf achten, nicht zu fest zuzutreten, sonst platzt das Fett-Wasser-Reservoir, das er an seinem Schwanz trägt. Jetzt beginnt der diffizilere Teil. Immer auf der Hut vor den Scheren wird ein Kabelbinder unter dem Rumpf durchgefädelt und so um die Krabbe befestigt, dass er hinter den beiden vorderen Beinen sitzt. Ist das geschafft, ist der schlimmste Teil vorbei. Jetzt müssen wir nur noch ein Seil durch den Kabelbinder fädeln und schon können wir die Kokoskrabbe an einen Ast hängen, wo wir sie bei unserer Rückkehr von der Jagd wieder einsammeln können.

 

Aber eine ist natürlich für sechs Mann nicht ausreichend. Also ziehen wir getrennt voneinander in das dichte Dickicht des Motus. Mit der Machete müssen wir uns in der Dunkelheit den Weg freihacken. Die Orientierung fällt enorm schwer. Lediglich der Mond, der ab und zu durch die Palmen leuchtet sowie das Geräusch der Brandung auf der Ostseite geben eine gewisse Orientierung. Schon nach 1 Minute ist von den Taschenlampen der anderen nichts mehr zu sehen und auch kein menschliches Geräusch klingt mehr an meine Ohren. Unheimlich! Überall raschelt es, über mir hüpfen aufgeregt die Vögel durch die Bäume. Geckos, Käfer, Kleinkrebse und Ratten flüchten vor dem Licht der Taschenlampe. Spinnwebe ziehen sich über mein Gesicht und das eine oder andere mal flüchtet die Spinne noch über meine Arme. Unmengen von Insekten und Moskitos steigen bei jedem Schritt auf. Ich schlage mich immer weiter in das Gestrüpp hinein mit Richtung Ost, immer der Brandung entgegen. Nur nicht drüber nachdenken, was da so alles an Getier um mich rum ist. Beruhigend nur, dass es hier angeblich keine giftigen Tiere gibt.

 

Und da! Da leuchtet es blau-rot vor mir auf! Eine dicke Kokoskrabbe sitzt auf den getrockneten Palmwedeln. Im Taschenlampenlicht sitzt sie geblendet und wie festgefroren. Jetzt heißt es schnell handeln, Fuß drauf und dann umständlich und vorsichtig den Kabelbinder durchfädeln und aufhängen. Ja! Das Jagdfieber hat mich jetzt endgültig gepackt!!

 

Um 22:45 Uhr treffen wir uns schließlich wieder beim Dinghy. Der Erfolg ist ganz ordentlich. Neben vielen Schnittwunden und einem müden Arm vom Schwingen der Machete haben wir sechs Kokoskrabben erjagt. Allerdings sind es eher kleinere Exemplare, so dass wir uns anschauen und fragen "Reicht das?". Herwig, den Förster aus Österreich, hat der Kokoskrabbenvirus infiziert und er entscheidet. Wir gehen noch auf das nächste Motu und versuchen dort unser Glück. Und tatsächlich fangen wir nochmal fünf, diesmal sehr große bis riesige Exemplare. Die größte Kokoskrabbe hat bestimmt drei Kilo und einen Durchmesser von 75cm bei ausgestreckten Beinen. Todmüde und geschafft begutachten wir unsere Jagderfolg, der kampfunfähig in den Ästen baumelt. Super! Elf Stück! Da gibt es morgen ein Festmahl. Jetzt müssen wir aber erstmal ins Bett, schließlich ist 02:30 Uhr!

 

Da es heute zum Kiten zuviel Wind hat, 25kn sind für einen Anfänger wie mich dann doch ein wenig zu viel, beschäftigen wir uns den ganzen Tag mit der Vorbereitung des nachmittäglichen Barbecues. Wir bauen einen Sonnenschutz aus Palmwedeln, heben eine Feuerstelle aus und ernten eine Menge junge Kokosnüsse zum Trinken. Als die Mädels mit den Beilagen, Matten, Decken und Getränken auf die Insel kommen, ist unsere kleine Lagerstelle perfekt. Die Jäger lassen sich noch einmal vor ihrem Jagderfolg bewundern, der immer noch putzmunter und kampfbereit wie blaue und rote Weichnachtskugeln in den Ästen einer Mangrove baumelt. Doch nicht mehr lange. Dann landen einige im Wasser, das bereits auf der Feuerstelle kocht und die anderen auf dem Rost. Wir schlagen uns die Bäuche voll und geniessen das hervorragende Fleisch. Eindeutig krebsig-würzig, aber etwas süsser und ein wenig nussig. Einfach fantastisch. Kann man schönere Tage verleben, als auf einer einsamen Insel die Früchte einer nächtlichen Jagd an einer selbstgebauten Lagerstelle zu verspeisen? Schöner geht's nimmer. Das ist das sprichwörtliche Klischee einer Weltumsegelung. Mahlzeit!

 

Bild des Tages:

Die Kokoskrabbe auf der Kokosnuss. Mit ihren Scheren ist sie spielerisch in der Lage, die faserige Hülle der Kokosnuss aufzureisen, um an das Kokoswasser und das nahrhafte Fruchtfleisch zu gelangen. Gar nicht auszumalen, wenn sie einen Zehen von uns zu fassen bekommt. Interessant ist, dass es unterschiedlich gefärbte Exemplare gibt. Rötlich-braune wie diese. Und andere, die einem sanften Blau schimmern. Ob das wohl Männchen und Weibchen sind, oder hat das etwas mit dem Alter oder den Ernährungsgewohnheiten zu tun?