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Samstag 07. Dezember 2013

Wofür es gut war

Unser Standort: Unterwegs vom Carteret Atoll ins Nuguria Atoll, Papua Neuguinea

 

Auch wenn man es nicht immer auf den ersten Blick sieht, irgendetwas Gutes verbirgt sich auch in den unangenehmsten Erfahrungen und Entwicklungen. Was sich aus der Geschichte mit dem besoffenen Riesenarschloch aus Taro ergeben sollte, erfuhren wir knapp 48 Stunden später.

 

Nachdem wir Knall auf Fall aus Taro losgesegelt waren, hatten wir eine recht unruhige Nacht mit zahlreichen Gewittern. Rings um uns herum blitzte und donnerte es, dass es überhaupt keine Freude war. Ein Blitz schlug so nah von uns ins Wasser ein, dass Blitz und Donner gleichzeitig passierten. Das war in Michaelas Wache und sie erschrak sich so fürchterlich, dass sie laut aufschrie. Volker wurde in der Koje aus dem Schlaf gerissen und meinte etwas zu sehen, was wie ein starker Suchscheinwerfer aussah und hörte dann ein Krachen und Bersten. Hinzu kam Michaelas panisches Schreien und das Szenario im Kopf war perfekt: wir werden gerade von einem großen Fischerboot gerammt.

 

Zum Glück war es „nur“ dieser außergewöhnlich nahe Blitz mit dem unfassbar lauten Donner. Dennoch dauerte es eine ganze Weile, bis wir uns wieder beruhigt und gefangen hatten. Kann ganz schön nervenaufreibend sein, durch solche Gewitter zu segeln. Gar nicht auszumalen, was ein direkter Blitzeinschlag bewirken würde. Zumindest mal den Verlust der kompletten Elektronik, schlimmstenfalls ein Loch im Rumpf oder ein herunterkommendes Rigg. Aber das ist ja noch nicht das Gute, was aus dem nächtlichen Besuch in Taro wurde. Das dauerte noch ein Weilchen.

 

Zuerst verbrachten wir nämlich einen ganzen langen Tag und eine weitere Nacht auf See. Das Wetter hatte sich etwas stabilisiert und wir konnten einigermaßen segeln, auch wenn in der Nähe von Squalls immer wieder der Motor für ein paar Meilen mitlaufen musste, um uns aus der Zone ohne Wind oder mit Gegenwind rauszubringen. In Summe machten wir aber recht gute Wegstrecke und standen heute Morgen schließlich vor dem Carteret Atoll, unserem eigentlichen Ziel.

 

Doch anstatt dort einzulaufen, segelten wir einfach weiter. Das Wetter war so schön ruhig geworden und es wehte eine Brise aus Nordnordost, die uns eine Fahrt von 5kn bescherte. Zudem zeigten die Grib Files, dass es wohl heute und morgen noch ruhig sein würde, danach aber West- und Nordwest einsetzen sollte. Und der bringt hier immer diese starken Gewitter. Besser also wir nutzen diese ruhige Periode, um noch mehr Nord zu machen. Nächste (und letzte) Haltemöglichkeit in der südlichen Hemisphäre ist das Nuguria Atoll in 100 Seemeilen Entfernung. Das sollten wir bei diesen Bedingungen doch locker bis morgen am Nachmittag schaffen.

 

Also genossen wir die friedlichen Bedingungen, die sanfte Brise und den langgezogenen Schwell aus Nordosten und ließen das Carteret Atoll in unserem Kielwasser liegen. Doch die Aufregung ließ nicht lange auf sich warten. Plötzlich geht an Backbord eine große Fontäne in die Luft und unmittelbar danach taucht ein massiger Körper an die Oberfläche. Ein Wal! Nein, zwei oder drei Wale!! Wir beobachten die Meeresriesen, können aber nicht klar erkennen, um welche Walart es sich handelt. Allerdings führen uns die Tiere geradewegs in einen Sardinenschwarm hinein, der gerade aus der Luft von Vögeln und aus dem Wasser von Thunfischen attackiert wird. Und auch die Wale sind hinter den Fischen her. Sind das etwa Orcas?

 

Bei der Jagd nach Fischen wollen wir aber keinesfalls hinter Seeschwalben, Tölpeln, Walen und Thunfischen zurückstehen. Also Angel raus und eine Runde um das Gebiet mit dem brodelnden Wasser drehen. Keine Minute dauert es, dann haben wir einen Gelbflossenthun von beachtlicher Größe dran. Lecker Sushi für die nächsten Tage…

 

Das also war es, was Gutes aus dem unerfreulichen Besuch in Taro werden sollte, denken wir etwas verfrüht, und segeln friedlich mit vier Kilo Thunfisch mehr und knappen drei Knoten weiter Richtung Nuguria. Ganz eingelullt sind wir von dem angenehmen Schaukeln und der brachialen Hitze, dass wir schon gar nicht mehr an die Angel denken. Doch die ist immer noch draußen und reißt uns urplötzlich aus der hitzeinduzierten Lethargie. Mit einem lauten Kreischen läuft die Leine von der Rolle und hinter uns gehen Wasserfontänen in die Höhe. Ein Marlin, ein Marlin! Oh Mann, verdammt, wir haben einen Marlin dran, der uns gleich alles abreißen wird.

 

Schon ist beinahe jede Leine von der Rolle gelaufen, obwohl Volker die Bremse beinahe bis zum Anschlag zugemacht hat. Der Riesenfisch hinter uns tanzt auf der Schwanzflosse, schüttelt sich, schlägt Salti, kämpft gegen den Haken und den Zug. Doch die Leine hält. Nichts bricht, nichts reißt und der Fisch ergibt sich erstaunlich plötzlich in sein Schicksal und lässt sich ans Schiff kurbeln. Da zeigt sich, es ist kein Marlin. Zum Glück nicht, denn der nimmt im Normalfall immer die komplette Leine einfach mit. Vielmehr haben wir einen Sailfish gefangen – und einen ziemlich großen obendrein! Gute 2,70 Meter und 60kg Fisch hängen hinter LA GITANA und müssen irgendwie an Bord gebracht werden.

 

Nach einigem Rumtüfteln gelingt es uns, dem Fisch eine kräftige Leine wie ein Lasso um die Schwanzflosse zu legen und ihn mit dem Besanfall aus dem Wasser und ins Dinghi zu winschen. Mann oh Mann, ist das ein Riesentier, da haben wir morgen bei Ankunft in Nuguria ja gleich das passende Willkommensgeschenk dabei, das das halbe Dorf satt machen wird. Bild des Tages:

Der mächtig stolze Skipper mit seinem prächtigen Sailfish. Endlich, endlich, endlich ist ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung gegangen und der Skipper hat schließlich doch noch einen kapitalen Gamefish nicht nur an die Angel, sondern auch noch an Bord bekommen. Dafür mussten wir unsere Köder 32.748sm hinter uns herziehen. Jetzt wissen wir wenigstens, wofür der überhastete Aufbruch nach dem nächtlichen Besuch gut war…