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Dienstag 07. Januar 2014

Der ganz normale Wahnsinn auf See

Unser Standort: Unterwegs vom Nuguria Atoll, Papua Neuguinea, nach Kapingamarangi, Mikronesien

Noch zu segelnde Strecke: 85sm

Bereits zurückgelegt: 179sm

 

Die letzte Nacht war klar, glasklar. Nachdem sich der Mond schon gegen 22 Uhr zurückgezogen hatte, prangte ein Sternenzelt, wie man es nur in tropischen Nächten auf See zu Gesicht bekommt. Voraus der große Wagen, im Kielwasser das Kreuz des Südens und über uns Orion, der uns genau den Weg nach Kapingamarangi wies. Unbezahlbar. Unvergesslich.

 

Am Morgen beim Segelmanöver dann die nicht ganz so schöne Überraschung. Volker entdeckt am Achterliek des Großsegels eine morsche Stelle. Die Löcher sind schon so groß, dass man den Finger durchstecken kann und nur ein paar Kett- und Schussfäden halten die Stelle noch zusammen. Glück gehabt, gerade noch rechtzeitig entdeckt. Ein wenig mehr Wind in der Nacht und wir hätten einen Riss quer durchs Segel bis zum Mast gehabt. 33.000 Seemeilen fordern so langsam ihren Tribut.

 

Nach ein wenig hin und her beschließen wir, die Patschen nicht mit der Hand, sondern mit der Maschine aufzusetzen. Ist irgendwie angenehmer und geht schneller, wenn man mal alles aufgebaut hat. Aber das Wetter ist ja nach wie vor sehr ruhig und so machen wir uns daran, das Groß zum Teil von den Rutschern abzubauen und eine Segelwerkstatt auf hoher See zu eröffnen. Wenn es nur nicht so verdammt heiß wäre, würde die Näherei in der Sonne ja schon fast Spaß machen.

 

Nach gut zwei Stunden ist das Segel geflickt, wieder angeschlagen und hochgezogen. Gerade rechtzeitig, um den ersten Squall seit Abfahrt aus Nuguria zu empfangen. Und der hat es gleich in sich: mit 30 Knoten weht es aus Südost. Der Regen ist so heftig und die Regentropfen sind so groß, dass wir am liebsten Schutzhelme getragen hätten.

 

Als das Unwetter durchgezogen ist, sehen wir an Steuerbord etwas Großes und Helles im Wasser schwimmen. Neugierig geworden fahren wir hin, um nach dem Rechten zu sehen. Vielleicht ist uns Poseidon ja noch einmal wohlgesonnen und spendiert uns erneut ein treibendes Dinghi.

 

Aber das, was wir treibend vorfinden, gefällt uns überhaupt nicht. Eine Stahlröhre, knappe zehn Meter lang und eineinhalb Meter Durchmesser treibt hier herum. Gar nicht auszumalen, was passieren würde, wenn wir mit sechs Knoten auf so ein Ungetüm draufbrummen.

 

Das treibende Stahlrohr sieht aus wie eine abgerissene Tonne oder ein dicker Pfeiler, um Schwimmdocks zu verankern. Den Vögeln, die sich den Stahlzylinder als Heimat ausgesucht haben, ist es herzlich egal, wozu das Ding einmal diente. Nun ist es ihre Heimat und die Heimat von zahlreichen Fischen, die wir im glasklaren Wasser um diese treibende Tretmine für Yachten herum sehr gut erkennen können. Des einen Leid, des anderen Freud…

 

Bild des Tages:

Ambulante Segelwerkstatt am Äquator. Zum Glück war es wirklich ruhig am Morgen.