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Sonntag 15. Januar 2006

November-Sonntag auf LA GITANA

Unser Standort: 415sm westlich der Kapverden - Tag 4 auf See/ noch 1.760sm bis St. Martin

Auf der Homepage auch die beiden Links mit Positionsreportern beachten

 

Draussen heult der Nordost-Passat unverdrossen mit 25 bis 35kn. Das ist Windstärke 6-7! Der Himmel ist grau in grau, keine Sonne läßt sich blicken. Alle halbe Stunde jagt ein Regenschauer über LA GITANA hinweg. Na ja, so wird die Arme wenigstens ein wenig vom Salz befreit. Die ganze Umgebung sieht und hört sich so an, als wäre es heute ein typischer November-Sonntag in Deutschland. Nur die Temperatur von 25°C und die ständige Rollerei von LA GITANA erinnern uns daran, dass wir eben nicht im November in Deutschland, sondern im Januar irgendwo auf dem Atlantik sind. Dennoch verbringen wir den heutigen Tag so, wie wir früher gerne einen solchen November-Sonntag in Deutschland verbracht hätten, es aber viel zu selten schafften:

 

Nach einem ausgedehnten Frühstück mit Müsli mit Bananen-Quark und frisch gepresstem Orangensaft halten wir uns fast den ganzen Tag drinnen in der Kajüte von LA GITANA auf. Wir bummeln rum, liegen gemütlich auf der Couch, haben die Zeit und Muße den ganzen Tag lesend zu verbringen, schlummern ein wenig, um den wenigen Schlaf der Nacht nachzuholen. Dazwischen ein wenig Mittag essen: ein leckerer Salat. Lange wird's den nicht mehr geben, da nach drei Wochen so langsam unsere frischen Obst- und Gemüsevorräte zu Ende gehen. Ein wenig telefonieren und ratschen (über Funk natürlich;-). Fehlt eigentlich nur noch, dass wir uns noch eine DVD angeschaut hätten. Das ist uns dann aber doch zu anstrengend, denn trotz aller Gemütlichkeit streckt einer von uns alle 15 Minuten den Kopf nach draussen, um nach Schiffsverkehr Ausschau zu halten.

 

So könnte es ruhig weiter gehen. Insbesondere, da LA GITANA heute trotz der 4 bis 5m hohen Wellen relativ ruhig liegt. Wir gaben ihr nämlich tagsüber ein wenig zusätzliche Segelfläche, so dass wir eine bessere Geschwindigkeit zu den von hinten heran rollenden Wellen haben. So surfen wir mit bis zu 10kn (!) dahin. Dementsprechend fällt auch heute wieder unser Etmal aus: erneut satte 160sm.

 

Aber natürlich geht es so nicht weiter. Mit Sonnenuntergang fängt das Chaos wieder an. Der Wind frischt sofort auf und bläst nun dauerhaft mit über 30kn. Die 8kn Fahrt, die wir in die Dunkelheit hinein machen, sind uns dann doch zu viel und wir reffen. Das ist dann aber bald wieder zu wenig Segelfläche, da der Wind plötzlich auf 15kn runtergeht. Was machen wir? Gleich wieder ausreffen? Nein, lieber nicht, wahrscheinlich haben wir gleich wieder 30kn plus. Also rollt LA GITANA erbärmlich mit viel zu wenig Segelfläche in der hohen Dünung. Dann geht es wieder los. Innerhalb von Sekunden geht der Wind bis auf 40kn hoch und wir schiessen wieder dahin in dunkler Nacht, denn vom Vollmond ist wieder mal rein gar nichts zu sehen. Und so geht das Spielchen die ganze Nacht weiter. Mit einer kleinen, aber feinen Ausnahme: Um 01:00 Uhr springt der Wind aus heiterem Himmel um 60° auf Südost!! Unser Passatsegel steht back und wir auf der Stelle. Unter Zuhilfenahme des Motors bringen wir LA GITANA wieder vor den Wind und segeln nun plötzlich nach Nordnordwest. 10 Minuten später erledigt sich das Problem dann auch schon wieder von selbst und der Wind springt zurück auf Nordost, wo er hingehört.

 

+++ RUBRIK: Was macht man so auf dem Atlantik? +++

+++ HEUTE: Schlafen

 

Ich bin mir nicht sicher, ob Eltern wissen, was sie ihren Babys antun, wenn sie sie in eine Wiege legen und schaukeln, um sie zu beruhigen. Wahrscheinlich werden die meisten Babys deswegen ganz still, weil ihnen sterbensübel wird. Wir kommen uns nächtens jedenfalls immer vor, als würden wir in einer überdimensionalen Wiege liegen und unsanft hin- und hergeschaukelt werden. Und das fühlt sich in etwa so an, wie in einer Waschmaschine im Schleudergang.

 

Eigentlich ist es ja ganz einfach, auf einem segelnden Schiff zu schlafen. Denn mit einer 2-Mann-Crew bist du nach drei durchsegelnden Nächten mit Nachtwache so müde, dass du im Prinzip umfallen und sofort schlafen könntest. Aber auch hier wieder dieses Wörtchen eigentlich. Denn zum einen haben wir eine ordentliche Geräuschkulisse in der Achterkajüte: Die Windsteueranlage gibt dumpfes Rumpeln von sich, wenn die Zahnreihen in einander greifen. Die Wellen gurgeln ordentlich am Rumpf und oben in der Takelage heult der Wind. Dazu gibt es ständig irgend etwas, was bei der Schaukelei im Schiff klappert. Also müssen geräuschempfindliche Menschen wie wir schon einmal mit Ohrstöpseln schlafen.

 

Und dann die alles entscheidende Frage: Wie bleibe ich bei der Schaukelei an der Stelle im Bett liegen, wo ich mich hingelegt habe? Die Antwort gleich vorneweg: Es gibt keine Methode, die Krängung ist viel zu stark und man rutscht ständig hin und her. Dennoch versucht jeder von uns verschiedene Tricks. Mit dem Rücken ganz fest gegen das Leebrett drücken und sich mit einem Bein an der Wand abstützen. Oder sich links und rechts jeweils eine Decke als Keil unter den Körper schieben, um ein Wegrollen zu verhindern. Oder sich einfach auf den Rücken legen, ganz Zen sein und einfach mit dem Schiff mitrollen.

 

Und erstaunlicherweise gelingt es uns dann doch immer wieder, die Freiwache einigermassen durchzuschlafen. Der menschliche Körper hält schon eine Menge aus und gewöhnt sich auch an unglaublich viel!

 

+++ RUBRIK ENDE +++

 

Bild des Tages:

- November-Wetter auf der Barfußroute...

- ...das wir ganz im heimischem Stil gemütlich zuhause unter Deck aussitzen. Vielleicht hätten wir noch einen offenen Kamin einbauen sollen?