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Freitag 21. November 2008

Nanisenis Findelkind

Unser Standort: Vor Anker im Kanton-Atoll, Phoenix-Islands, Kiribati

 

Man sollte es kaum glauben! Obwohl die Bewohner von Kanton seit beinahe 30 Jahren die ehemaligen Militäreinrichtungen geplündert haben, findet man doch immer wieder noch etwas Nützliches. Wobei finden vielleicht nicht das richtige Wort ist. Das Zeugs hier ist ja nicht versteckt, aber das, was noch irgendwie einen kleinen Wert haben könnte, gehört der Regierung von Kiribati. Viel ist es ohnehin nicht mehr, lediglich eine Lagerhalle angefüllt mit allem möglichem Schrott. Zumindestens würden wir Europäer es als Schrott bezeichnen und selbst nach Kiribati-Maßstäben ist das Zeugs kaum etwas Wert.

 

Dennoch hüten die Polizisten von Kanton das "Eigentum" des Staates einigermassen vor den Zugriffen der Kantonesen. Doch Teta, dem Interims-Polizisten, der für 4 Wochen nach Kanton kommen sollte und schließlich 6 Monate bleiben mußte, konnten die Bewohner Kantons wohl einige Zugeständnisse abtrotzen. Und insbesondere Naniseni war clever genug, davon zu profitieren.

 

In der Lagerhalle stand nämlich ein uraltes GFK-Dinghy, das praktisch am Auseinanderfallen war. Am Boden klaffte ein riesiger Riss von 50cm Breite und 4m Länge und überall waren Löcher im GFK, aus denen poröser Schaumstoff bröselte. Naniseni war der Zustand des Bootes aber egal. Er sah hier seine große Chance, auf relativ einfache Weise an ein Boot zu kommen, mit dem er am Aussenriff fischen und Seegurken sammeln kann. Und die Chance waren wir. Denn um das Boot herzurichten, benötigte er Glasfasermatte, Epoxy und einen Aussenborder. Wie gut, dass wir das alles in Samoa kaufen konnten.

 

Seit unserer Ankunft war Naniseni nun beschäftigt sein Boot herzurichten. Tatkräftige Hilfe wollte er keine annehmen, hörte aber wenigstens auf den einen oder anderen Rat. Wir kratzten uns allerdings am Kopf, denn Naniseni arbeitete zum ersten Mal mit Glasfaser und Epoxy und machte natürlich die typischen Anfängerfehler. Aber der gute Mann hat mit seinen siebzig Jahren eben seinen eigenen Kopf. Wir befürchteten, dass die Matte und das Epoxy nicht reichen werden, wenn er sich noch ein paar Fehler leistet und das wäre dann ein Drama. Dann hätte er das ganze Geld für Epoxy, Matten und Aussenborder umsonst ausgegeben. Nachschub an Epoxy und Glasfasermatte aus Tarawa zu organisieren, ist nämlich nicht ganz einfach.

 

Aber schließlich geht doch alles gut und Naniseni hat heute die letzte Glasfasermatte aufgebracht. Sicherlich sieht das Boot nicht so aus, als würde es nochmal zehn Jahre überleben, aber für drei oder vier Jahre ist es sicher nochmal gut. Morgen soll der Stapellauf sein und dann möchte Naniseni auch gleich mit uns Yachties zum Wettfischen und Ausprobieren ans Aussenriff...

 

Bild des Tages:

Naniseni bringt die letzte Glasfasermatte auf das ehemalige Wrack auf. Epoxy und Glasfasermatte kamen aus Samoa, angerührt wurde das Ganze in halbierten Kokosnüssen und als Pinsel diente ein aufgefasertes Pandanus-Stöckchen. Wir sind sehr gespannt auf den morgigen Stapellauf!