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Donnerstag 12. Januar 2006

Anker auf!

Unser Standort: Direkt nördlich der Kapverden - Tag 1 auf See/ noch 2.300sm bis St. Martin

Auf der Homepage auch die beiden Links mit Positionsreportern beachten

 

Es ist angenehm warm. Das Quecksilber steht auf 28°C. Aber es ist eine trockene Wärme. Am tiefblauen Himmel hängen wie hundert Wattetupfer die typischen Passatwölkchen. Der Wind hat in der Nacht vollends auf Nordost gedreht und weht mit ca. 15kn über unseren Ankerplatz hinweg. Und nach den 3 Tagen Flaute sollte die Welle draussen auch nicht so stark sein. Nachts erhellt der Vollmond die ansonsten tiefe Schwärze auf See. Ein perfekter Tag, um den nächsten Versuch zu unserer Atlantiküberquerung zu starten.

 

Wir fahren nochmal schnell ins Dorf, um die Gasflasche zu tauschen, die heute mal pünktlich leer wurde, und statten der Baal mit Petra und Marcel einen kurzen Abschiedsbesuch ab. Danach wird das Dinghy an Deck geheißt, abgebaut, zusammengelegt und sicher auf unserer Achterkajüte fest gelascht. Die Segelpersenninge kommen wieder runter und zum Schluß werden alle Decksluken geschlossen. Wir sind startklar. Bevor es losgeht, stärken wir uns nochmal mit einem kleinen Mittagessen und nehmen zur Sicherheit eine Tablette gegen Seekrankheit.

 

Um 14:00 Uhr Ortszeit liegt der Anker im Bugbeschlag und wir laufen aus der Bucht von Palmeira. Probleme haben uns zu diesem unfreiwilligen Stopp auf den Kanaren gezwungen. Und wir haben uns gefragt, wofür das gut ist, was wir hier wohl alles erleben sollen? Zwar haben wir nun nur eine der Kapverdischen Inseln besucht, aber wir können sagen, dass wir angenehm überrascht waren. Keine Spur von den Horrorstories von Überfällen und aufdringlichen Kapverdianern, die überall kolportiert werden. Die Menschen hier waren sehr freundlich, eher zurückhaltend, hatten aber immer ein Lächeln zur Begrüßung auf den Lippen. Die Insel selbst ist zwar sehr trocken. Die netten Ortschaften mit ihren bunten Häuschen verbreiten aber ein exotisches Flair. Vielleicht hätten wir ja noch die eine oder andere Insel erkunden sollen, um uns ein besseres Bild zu machen. Aber irgendwie lockt die Karibik zu sehr. Dort haben wir nämlich vor ein paar Jahren beschlossen, dass uns ein Leben auf einem Segelboot sehr gut gefallen könnte. Und dort wollen wir nun hin, um vollends den Stress der Arbeit, der Auflösung zuhause und der anstrengenden Schiffsrenovierung abzustreifen. Und mit Petra und Marcel haben wir zudem wieder 2 Segler kennengelernt, die uns auf Anhieb sympathisch waren. Keine derjenigen, die allen glauben machen wollen, alles sei bestens, Segeln im Sturm sei der tollste Zeitvertreib und auf ihrem Schiff gäbe nie etwas zu tun. Sie teilen unsere Einstellungen, Ängste und Hoffnungen, die wir mit der Reise verknüpfen. Die beiden zieht es jetzt allerdings erst einmal nach Westafrika, von wo aus sie dann nach Brasilien segeln werden. Ob wir sie wohl irgendwo wieder treffen? Und hätten wir nicht vielleicht auch diese Route nehmen sollen???

 

Das Wetter auf See hält genau, was es versprochen hat. Mit (beinahe zu) wenig Wind und fast flachem Ozean zieht LA GITANA nach Westnordwest auf den 18. Breitengrad zu. Das ist das erste Mal, dass wir zu einem längeren Schlag aufbrechen und die Bedingungen paradiesisch sind. Ein toller Start. Lediglich in der Nacht halten ein paar Squalls Volker ein wenig in Atem. Squalls sind eng begrenzte Regenfelder, die in der Regel auch eine Menge Wind mitbringen. Aber bisher war es noch nicht so schlimm, dass wir reffen mußten.

 

+++ RUBRIK: Was macht man so auf dem Atlantik? +++

+++ HEUTE: Angeln

 

Seit Volker auf dem Meer segelt hat er einen ausgeprägten Jagdinstinkt entwickelt. Frischfisch ist das Ziel der Begierde. Insbesondere einen Thunfisch wünscht sich Volker sehnlichst, um endlich das ultimativ frische Sushi zubereiten zu können. Dass Michaela nicht so gerne Fisch mag und die Sauerei beim Anlanden und Töten der Beute im Cockpit noch viel weniger, stört das Jagdfieber von Volker dabei nur am Rande.

 

Kaum dass wir auf See und die Segel gesetzt sind, gehen dann auch sofort zwei Schleppangeln außerbords. Nur ja keine Minute verschenken! An der einen hängt ein Kunststoff-Fisch als Köder, an der anderen eine selbst gemachte Tintenfisch-Imitation aus alten Haushaltshandschuhen. Und dann heißt es warten, bis eine hungrige Goldmakrele oder ein Thunfisch Appetit auf ein Häppchen zwischendurch haben.

 

Heute war es dann endlich mal wieder so weit. Kurz vor Sonnenuntergang läuft die Leine aus unserer Rolle. Und das, obwohl die Bremse sehr fest eingestellt ist. Das muß ein großer Bursche sein!! Volker schnappt sich die Angel und kurbelt das Schuppentier langsam näher. Der Fisch hat aber keine große Lust, an der Angelleine Gassi geführt zu werden und wehrt sich mit allen Kräften. So wie das zieht, muß das ein Kämpfer sein! Keine der Goldmakrelen, die sofort aufgeben, wenn sie erst einmal am Haken hängen. Das sieht verdammt nach dem lang ersehnten Thunfisch aus!! Bis auf 15m hat Volker den Burschen rangekurbelt und der wehrt sich immer noch. Wir sehen ihn jetzt aus dem Wasser springen. Ja, das müßte ein Bonito sein. Vielleicht 40-50cm lang.

 

Und dann passiert das Malheur. Plötzlich ist kein Zug mehr auf der Leine. Der Fisch ist weg. Hat sich in letzter Minute vom Haken befreit und schwimmt nun wahrscheinlich mit klopfendem Herzen davon. Nix mit Sushi für heute. Die Angel bleibt jetzt drin für die Nacht. Aber morgen ist ja auch noch ein Tag. Und irgendwann wird das mit dem Thun schon klappen.

 

+++ RUBRIK ENDE +++

 

Bild des Tages:

Wir lassen Sal hinter uns.