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Sonntag 22. Januar 2006

Die Wüste lebt

Unser Standort: Tag 11 auf See/ noch 650sm bis St. Martin

Auf der Homepage auch die beiden Links mit Positionsreportern beachten

 

Der Ozean ist wirklich eine große Wasserwüste. Sie scheint völlig leer von jedem Leben zu sein. Gut, es scheint Goldmakrelen zu geben, sonst hätten wir wohl keine gefangen. Und auch fliegende Fische, die wir nach wie vor in schöner Regelmäßigkeit vom Deck klauben. Und ein paar kleine Vögel haben wir gesichtet, vielleicht so groß wie Schwalben, die mehr als 1.000sm vom nächsten Land entfernt durch die Wellentäler zischen (wo schlafen die eigentlich??). Aber ansonsten ist der Ozean wie eine große Wüste, leer, lebensfeindlich.

 

Und heute dann gleich zwei Lebenszeichen: Zwei Supertanker kreuzen urplötzlich unseren Weg. Wir kommen nun anscheinend der Zivilisation wieder deutlich näher bzw. kreuzen eine Schiffahrtsstrasse, die zum Erhalt derselben dient. Von nun an heißt es also wieder sehr intensiv Wache gehen, wenn wir nicht von einem der dicken Pötte niedergebügelt werden wollen.

 

Das andere Highlight des Tages war die Reparatur von Harry, unserer Windfahnensteuerung. Nach mehreren tausend Seemeilen hatten sich wohl so allmählich verschiedene Befestigungsschrauben gelockert, so dass Harry in den letzten Tagen eben nicht mehr lautlos, sondern mit mächtigem Getöse seine Aufgabe verrichtet hat. Und da der Skipper auf nichts empfindlicher reagiert, als Lärm während seiner Nachtruhe (er denkt immer noch mit großem Grausen an Hausmeister, die morgens um 07:00Uhr anfangen, Rasen zu mähen!!), muß Harry also wieder festgeschraubt werden.

 

Zu diesem Zweck muß zunächst einmal die komplette Holzverkleidung des Hecks in der Achterkajüte abgebaut werden. Ein toller Job bei 30°C und 4 bis 5m hohen Wellen. Anschließend wurden bei voller Fahrt von 8kn sämtliche Schrauben wieder angezogen. Ahh - deutlich ruhiger. Allein die Zahnräder klappern noch ein wenig. Die werden dann aber einfach durch ein Stück Leder, das dazwischen gespannt wird, zum Schweigen gebracht. Den Rest schauen wir uns dann an, wenn wir wieder festen Boden unter den Füßen haben.

 

Ansonsten war heute wieder ein relativ guter Passat-Tag. Gut, der Wind war mit 25 bis 30kn sehr stark, die Wellen mit 4 bis 5m sehr hoch. Dafür schien die Sonne aber mit karibischer Kraft und wir kamen sehr gut voran, wie auch schon die letzten Tage. Seit wir Sal verlassen haben, haben wir kein Etmal unter 160sm hingelegt. Das entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 6,7kn. Geplant hatten wir eigentlich mit 5,5kn, wenn's gut geht 6kn. Und an die Bedingungen haben wir uns inzwischen ganz gut gewöhnt. In Summe ist das jedenfalls besser, als in der Flaute zu dümpeln, wie mehrere Segelyachten, die weit hinter uns sind.

 

+++ RUBRIK: Was macht man so auf dem Atlantik? +++

+++ HEUTE: Landfall planen

 

Mit 650sm to go und Etmalen von 160sm und mehr können wir heute schon langsam anfangen, unseren Landfall zu planen. Da ist zunächst der Tag. Je nachdem, wie sich die nächsten Tage windmäßig so entwickeln, werden wir entweder am 26.01. nachmittags/abends oder spätestens am 27.01. nachts/ frühmorgens auf St. Martin ankommen.

 

Damit stellt sich gleich die zweite Frage: Wie können wir verhindern, nachts einen Landfall zu machen. Sicher, wir haben Radar und gute Seekarten. Aber in der mit Riffen gespickten Karibik ist das trotzdem keine so tolle Idee, nach zwei Wochen auf See nachts anzukommen. Wir rechnen und rechnen und stellen folgendes fest: Wenn wir auch die nächsten Tage jeweils Etmale von 160sm oder mehr schaffen, dann kommen wir gerade so noch vor Sonnenuntergang an. Ansonsten müßten wir irgendwann tierisch auf die Bremse treten, um erst am 27.01. nach Tagesanbruch einzulaufen. Die Wahl fällt uns leicht. Wir geben Vollgas. Wäre doch gelacht, wenn wir die nächsten vier Tage nicht auch noch einmal die bisherigen Etmale schaffen würden.

 

Womit wir zur dritten Frage kommen: Wo müssen wir eigentlich genau hin und wie kommen wir mit den Windprognosen am besten dorthin. Bisher sind wir mehr oder weniger in purer Abhängigkeit vom Wind zwischen 17. und 18. Breitengrad über den Atlantik gesegelt. Kam der Wind mehr aus Nordost, waren wir mehr am 17., kam der Wind mehr aus Ost mehr am 18. Breitengrad unterwegs. Nun müssen wir aber 18°05'N genau treffen und das heißt aus unserer derzeitigen Position heraus eigentlich anluven. Das würden wir dann aber doch gerne vermeiden und lieber weiter unter Passatbesegelung bleiben. Wir konsultieren unsere Wetterdaten, holen bei Willi extra nochmal einen längerfristigen Wetterbericht ein. Grübel, grübel. Und siehe da: Das Wetter scheint uns hold zu sein. Ab 25.01. soll der Wind auf Ost drehen. Unter Passatbesegelung könnten wir unter diesen Bedingungen dann gerade noch ausreichend Nord machen, um St. Martin zu erreichen. Wir bleiben also zunächst einmal auf unserem Kurs, und lassen LA GITANA dann einfach langsam mit dem Wind mitdrehen. Wenn wir Glück haben, brauchen wir also bis St. Martin die Segelstellung überhaupt nicht mehr zu verändern.

 

+++ RUBRIK ENDE +++

 

Bild des Tages:

Wohlverdiente Ruhepause in der wärmenden Sonne. Die durchwachten Nächte fangen nun schon langsam an, uns zu schlauchen.