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Montag 12. Mai 2014

„Von allem etwas“ oder „Eine unterhaltsame Reise“

Unser Standort: Auf dem Weg vom Sorol Atoll nach Palau, Mikronesien

Noch zu segeln: 105sm

Bereits zurückgelegt: 258sm

Etmal: 155 sm

 

Beeindruckend waren die Wolken, die der Squall gestern Nacht innerhalb kürzester Zeit zusammengebraut hat. Oder sollten wir lieber sagen: beängstigend, welch dunkle Wolkenmassen in der kleinen Depression entstanden sind, die uns in der zweiten Nachthälfte überrollt hat?

 

Jetzt sitzen wir jedenfalls auf einem Meer, das mal wieder aussieht, als hätte ein Riese eine Wasserschüssel zum Spielen bekommen und eifrig darin rumgeplanscht. Wenn Wellen das Gedächtnis des Meeres sind, möchten wir lieber nicht wissen, was heute Nacht so alles wohl so gar nicht weit weg von uns über das Meer gekommen ist. Da muss es aus wirklich allen Himmelsrichtungen ziemlich geblasen haben.

 

Und von allen Winden, die man so haben kann, haben wir zu den Wellen nun auch noch den, den man gemeinhin „direkt auf die Schnauze“ nennt. Wir müssen nach Südwest. Und genau da kommt der Wind her. Mit schönen Grüßen aus Palau. Uns ist das jetzt aber erst einmal egal, denn viel schlimmer als die 10 Knoten von vorne sind die Wellen. Aus denen müssen wir so schnell wie möglich raus, sonst ist an Segeln sowieso nicht zu denken. Bei diesen Seebedingungen schlagen die Segel nur und bringen keinen Vortrieb. Also muss die Eisengenau ran, der wir gottseidank gestern schon wieder frisches Leben eingehaucht haben.

 

Vier Stunden tuckern wir so in den Wind hinein und LA GITANA erklimmt die Wellenberge, nur um Sekundenbruchteile später ungebremst in ein tiefes Wellental zu fallen. Die See ist so konfus und rau, dass wir regelmäßig grünes Wasser übers Vordeck schaufeln. Schön ist anders.

 

Doch irgendjemand hat ein Einsehen oder Erbarmen mit uns. Zu Mittag springt der Wind wieder zurück nach Ost und frischt auf. Jetzt schnell die Segel setzen und ab durch die Mitte. Kurs und Wind sowie der kräftige Schiebestrom sind nun wieder so perfekt aufeinander abgestimmt, dass unsere ETA (estimated time of arrival) in Palau nur so ins Bodenlose fällt. An der Börse würde man das einen Crash nennen. Kurz vor der abendlichen Funkrunde meldet das GPS, dass wir beim derzeitigen Speed schon morgen (!!!) am Nachmittag in Palau ankommen sollen. Doch daran können wir nicht wirklich glauben. Dazu müssten wir in den nächsten 24 Stunden einen Schnitt von 7,2 Knoten segeln. Das ist zwar nicht unmöglich, aber doch sehr selten Fall. Da darf dann kein Windaussetzer nach einem Squall oder so was dazwischenkommen.

 

Wir fangen dennoch schon einmal an, uns Gedanken zu machen, was wir tun sollen, sollten wir schon am späten Nachmittag vor dem Riff in Palau stehen. Die Overtime-Gebühren sind völlig unerschwinglich und Ankermöglichkeiten gibt es außerhalb des Barriereriffes keine. Also einfach auf die Westseite von Palau in den Wellenschatten segeln und dort beidrehen? Wir fragen unsere Freunde auf der Funkrunde um ein paar Ideen, die Antworten sind allerdings nicht so sehr ergiebig.

 

Ist aber auch Wurst. So wie es jetzt läuft, könnten wir ewig weitersegeln. Und Abbremsen werden wir jetzt sicher nicht. LA GITANA liegt wie auf Schienen, am Rumpf gurgelt, zischt und rauscht es, dass eine wahre Freude ist. Wir grinsen uns eins und schauen mit Adrenalin vollgepumpt auf die Geschwindigkeitsanzeige: 7,2 – 7,6 – 7,9 – 8,4 – 8,8 – 9,2. Ist das geiles Segeln!!!!

 

Bild des Tages:

So sieht volle Pulle unter Segeln im Rückspiegel aus