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Mittwoch 10. November 2010
Unser Standort: An einer Mooring in "Downtown" Majuro, Marshall Inseln
Wow, es regnet heute morgen mal nicht wie aus Kübeln. Eigentlich regnet es gar nicht, auch wenn der Himmel nach wie vor Grau in Grau ist. Das ist für uns der Startschuss, uns mit Elan in die Marshallesische Kultur zu vertiefen. Das hiesige Museum soll eine tolle Ausstellung mit Artefakten und Alltagskunst sowie eine Sektion mit Glasplattenfotografien vom Ende des 19. Jahrhunderts haben. Das ist doch die richtige Vorbereitung für den Besuch der Outer Islands.
Doch zunächst einmal ist es gar nicht so einfach, das Museum zu finden. Denn weder Schilder noch sonst etwas zeugen dort, wo wir es vermuten, von seiner Existenz. Wir fragen ein paar Bauarbeiter, die lustlos Schubkarren durch die Gegend schieben. Sofort geht das Geschrei los! Lautstark wird auf Marshallesisch in der Gegend rumgerufen. Nach einer Weile kommt dann die Antwort zurück. Ja, wir seien hier schon richtig, aber das Museum sei heute wegen Stromausfalls geschlossen. Zu dumm. Dann fahren wir mit dem Sammeltaxis eben weiter zur MIVA, der Marshall Islands Visitors Association. Die Leute dort sollen sehr hilfsbereit und auskunftsfreudig sein.
Und das sind sie auch. Wir sollen uns ruhig umschauen, gerne durch die ausgelegten Materialien gehen und wenn wir Fragen hätten, hilft uns die Dame hinterm Tresen gerne weiter. Das Informationsangebot ist jedoch sehr beschränkt. Es liegen ein paar Flyer rum und zahlreiche Tauchzeitschriften, dem Clubmagazin von PADI. Als wir schließlich ein paar Fragen zu Guesthouses, Flugverbindungen und Versorgungsmöglichkeiten auf den Outer Islands stellen, wird uns sofort und große Umschweife eine klare Antwort gegeben. "Oh, I don't know." Aha, alles klar.
Irgendwie werden wir mit Majuro nicht so richtig warm. Es ist der erste Ort im Pazifik, der nicht zu uns spricht, wo wir uns nicht wohlig zuhause fühlen, wo es anscheinend nichts zu entdecken gibt. Wir laufen wie Falschgeld über die Insel. Auf der Hauptstrasse fließt langsam, träge der Verkehr. Das muss man ihnen lassen: die Marshallesen sind wirklich die rücksichtsvollsten und langsamsten Autofahrer, die wir jemals getroffen haben. Die Gebäude an der Strasse sind nichtssagend. Beton, Beton, noch nicht einmal eine palmgedeckte Hütte. Und jetzt, wo wir drüber nachdenken: Hier stehen nicht einmal Kokospalmen rum. Die Menschen sind freundlich, aber völlig unverbindlich. Amerikanisch? Amerikanisch ist jedenfalls die Kleidung. Baseballmütze, Skater T-Shirts und tiefhängende Baggypants bei den Möchtegerne-Gangsta-Kids. Nur die Frauen tragen lokale Kluft, den Moomoo, ein sackartiges Kleid in schrecklichen floralen Mustern, das effizient jegliche weibliche Form verdeckt. Das wollten die Missionare, um den "Wilden" ihre Unzucht auszutreiben, als sie die Frauen in diese Säcke steckten. Es ist ihnen voll und ganz gelungen.
Niemand trägt hier Lavalavas, niemand eine Blütenkrone oder eine Hibiskusblüte hinterm Ohr. Nirgends probt eine Schulgruppe traditionelle Tänze. Keiner singt traditionelle Lieder. Nocht nicht einmal aus dem Radio kommt vernünftige Musik. Auf allen drei Sendern kommt den ganzen Tag nur religös angehauchte, banale Popmusik. Das ganze wirkt so wenig exotisch wie, ja genau wie wir bei unserer Ankunft gedacht haben: eine kleine, etwas runtergekommene Kleinstadt in Mississippi. Und das ist es auch, was uns mit Majuro nicht wirklich warm werden läßt. Der ganze Ort hat kein Flair, keine Ausstrahlung, keinen Charakter. Es ist "convenient" hier, so wie man das von Klein-Amerika erwartet, aber eben auch beliebig. Not our cup of tea. Im Unterschied zu den anderen, ausschließlich amerikanischen Yachten, die hier monatelang liegen (warum weiß der Teufel), hält uns hier wenig bis nichts...
Bild des Tages:
Willkommen in der pazifischen Hauptstadt der Beliebigkeit