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Sonntag 23. Juni 2013
Unser Standort: In der Marina von Opua, Bay of Islands, Neuseeland
Nicht nur in Deutschland, sondern auch hier auf LA GITANA herrscht Vollbeschäftigung. Und das liegt nicht unbedingt an einer überbordend langen To-Do-Liste, die es abzuarbeiten gilt. Die ist ausnahmsweise einigermaßen überschaubar. Schuld ist vielmehr das Multitasking – beziehungsweise die dürftig ausgeprägte Fähigkeit dazu beim männlichen Teil der Crew.
In Zeiten, in denen jeder weiß, dass Männer nicht von der Venus kommen, ist das ja eigentlich nichts Neues. Aber was der falsche Planet mit einem macht, ist schon erstaunlich.
Oder liegt es doch einfach daran, dass man(n) Deutscher ist? Und damit ein Zeitempfinden eingetrichtert bekommen hat, welches sich damit brüstet, linear zu sein. Andere sagen dazu monochron, was kein Tippfehler, sondern genauso spannend ist, wie die vom Rechtschreibprogramm vorgeschlagenen Korrekturen einfarbig oder eintönig. Zeit ist gegeben, sie tickt und tickt und Sekunde um Sekunde verrinnt. Dieses vergängliche, unwiederbringliche der Zeit führt dazu, dass sie genutzt werden muss. Einteilen in Scheibchen und Portiönchen und dann nutzen! Und zwar radikal, durchgeplant und bis zur letzten Sekunde. „Carpe diem“, „Zeit ist Geld“, „Ich habe keine Zeit für…“ sind alles Synonyme für eine monochrone Kultur.
Wie anders sind da doch unsere Nachbarn, die Franzosen. Oder Italiener, Spanier, Griechen, Afrikaner, Polynesier. Alles hoch-kontextuelle Kulturen, in denen eine andere Zeitwahrnehmung herrscht. Habt Ihr alle schon einmal persönlich erfahren, nicht wahr? Stichwort „manana“. Ein afrikanisches Sprichwort fasst dieses Phänomen recht knackig zusammen: Die Europäer haben Uhren, wir haben Zeit. Und genau so läuft das in einer polychronen Kultur: Man hat Zeit und schaut nicht ständig auf die Uhr. Nicht die Uhr bestimmt, wann soziale Begegnungen oder Meetings beendet sind, sondern wenn ein gemeinsamer Kontext herausgearbeitet wurde. Kein Wunder, dass es bei Meetings zwischen romanischen Kulturen und germanisch/angelsächsisch/skandinavischen Kulturen oftmals ziemlich knirscht zwischen den Beteiligten.
Und was hat das nun mit Vollbeschäftigung, Venus, Multitasking und das alles zusammen mit einem Segelblog zu tun?
Ganz einfach: Ein Nebeneffekt monochroner Zeitwahrnehmung ist, dass man nur eine Sache gleichzeitig machen kann. Und wir sind gerade voll damit beschäftigt zu warten. Für was anderes bleibt gar keine Zeit mehr.
Übrigens rührt daher auch die überpünktliche Art von uns Deutschen. Wir können es einfach nicht ertragen, auf etwas oder jemanden zu warten, weil wir außer warten nichts anderes machen können. Glücklich dagegen die Franzosen/ Italiener/ Spanier. Sie merken gar nicht, dass sie warten, weil sie währenddessen einfach etwas anderes machen…
Warten aufs Wetterfenster - Der Abfahrtstermin des Tages:
Auch diese Zwischenüberschrift ist so was von typisch…
Bild des Tages:
Unter Aufbietung aller Kräfte haben wir es auch heute geschafft, neben dem Warten ein wenig wandern zu gehen. Ein bisschen die Beine vertreten, bevor wir (hoffentlich bald) für mindestens eine Woche auf LA GITANA eingesperrt sein werden. Und dabei haben wir wieder einmal ein tolles Beispiel für das Faible der Neuseeländer, sich kreative Briefkästen vors Haus zu stellen, entdeckt.