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Mittwoch 04. März 2015
Unser Standort: Vor Anker in einem Gebiet von Rock Islands im Nordwesten der Kabui Bay, Raja Ampat, Indonesien
Irgendwie hatte wir uns von "The Passage" ein wenig mehr erhofft, als wir gestern gesehen haben. Im Tauchfuehrer steht sie als "Signature Dive" von Raja Ampat und alle unsere Yachtiefreunde, die hier waren, berichteten scheinbar begeistert. Hmm, haben wir nun einfach eine dumme Zeit erwischt, in der das Wasser einfach zu trueb zum Geniessen ist? Oder haben wir schon so viel besseres gesehen, dass uns "The Passage" nicht von den Fuessen haut?
Wir geben ihr jedenfalls nochmals die Moeglichkeit, auch uns den Atem zu rauben, und lassen uns am Vormittag erneut durch den zwei Seemeilen langen Kanal treiben. Dabei nehmen wir uns viel Zeit, sehr viel Zeit, am Rand, wo der Naehrstrom ein Anhalten ermoeglicht, alles genau zu untersuchen. Und so beginnen wir, uns in ein paar Bommies zu verlieben, auf denen Myriaden Wirbelloser ihr Dasein fristen: Nacktschnecken, Strudelwuermer, Seescheiden, Schleierbaeumchen, Faecherkorallen, Moostierchen, Anemonen, Peitschengorgonien, Nesselfarne, Vasenschwaemme und und und.
Alles, was nicht autokinetisch, also mit Beinen oder Flossen auf Jagd nach Nahrung gehen kann, lebt hier in der nahezu dauernden Stroemung in Saus und Braus. Im uebertragenen wie auch im wahrsten Wortsinne. Die Stroemung schiebt permanent eine Planktonsuppe von der Halmahera See in die Kabui Bay und wieder zurueck und die Riffbewohner muessen nur ihre Polypen, Tentakeln, Filter oder was auch immer in die Stroemung halten und schon werden sie satt. Kein "Drive In", sondern ein "Stream By" von McMother Earth. Wie am Fliessband (ha ha!) wird hier Nahrung vorbeigeschwemmt und alles darf am Gelage teilnehmen. Einfach so. Genial.
Der Zauber von "The Passage" liegt fuer uns also weniger in opulenten optischen Eindruecken, sondern im kleinen feinen Detail und den grossen Zusammenhaengen. Und das ist ja nicht weniger faszinierend, wenn man Evolution und ihren Erfolg mit der Besetzung jedweder OEkonische so anschaulich erfaehrt.
Doch damit ist es auch genug, wir fahren weiter. Im Nordwesten der Kabui Bay gibt es eine Gegend mit einem Labyrinth aus Rock Islands, das unserer Entdeckung harrt. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass wir eine von ganz ganz wenigen Yachten sind, die sich dorthin verirren. Aber das macht unsere Segelreise ja so spannend. Immer wieder dahin gehen, wo fast niemand ist oder vorher war. Seinen eigenen Weg gehen, neue Ankerplaetze entdecken, weisse Flecken auf der Seglerlandkarte finden und ausmalen.
Dass wir das tun koennen, liegt uebrigens an einer besonderen Eigenschaft unseres Ankergeschirrs, das wir so gar nicht geplant hatten, uns nun aber aeusserst gelegen kommt. Wie oft geht die Diskussion im Yacht Club oder sonstwo unter Seglern darum, wie viel Tiefgang eine Yacht maximal haben darf, um moeglichst an jeden Ort zu kommen, den man besuchen moechte. Nun, unsere LA GITANA hat mit 2,12m einen recht ueppigen Tiefgang. Fuer viele Adepten flach gehender Schiffe eindeutig zu viel. Doch dieser Tiefgang war noch nie ein limitierender Faktor. Es gibt naemlich kaum Schiffe, die sich mit einem Tiefgang von 1,80m trauen, in eine Lagune einzufahren, in die der Pass nur 1,50m tief ist. Die meisten wollen dann schon mindestens 2,50 oder 3 Meter. Und bei 3 Metern sind wir in jeden Falle auch wieder dabei.
Das Problem, welches sich stellt, wenn man an unbekannte und unkartographierte Orte geht, ist vielmehr, dass man sich nicht sicher sein kann, eine adaequate Ankertiefe zu finden. Und auch wenn die meisten Yachten 100 Meter Kette mit sich rumschleppen, ist bei fast allen bei 25 Meter Ankertiefe Schluss. Wird es tiefer, schafft es naemlich die Ankerwinsch nicht mehr, das Gewicht von Kette und Anker hochzuholen. Und da ist unser grosser Vorteil: Wir haben zwar nur eine 900W Ankerwinsch, was im Vergleich zu den grossen Lofrans keine starke Leistung ist. Unsere Winsch hat aber eine solch kurze Untersetzung, dass wir auch aus ueber 40 Meter Wassertiefe den Anker noch hieven koennen. Und das gibt uns eine unglaubliche Freiheit bei der Erkundung nicht besegelter Ecken. Denn selbst wenn wir nur 37 oder 38 Meter Ankertiefe finden, koennen wir noch recht sicher ankern...
Bild des Tages:
Paradies fuer Wirbellose: Einfach quer zur Stroemung wachsen und schon sorgt McMother Earth fuer einen nahrhaften "Stream By".