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Donnerstag 27. November 2008
Unser Standort: Vor Anker im Kanton-Atoll, Phoenix-Islands, Kiribati
Jetzt sitzen wir auf dem wohl abgelegensten Atoll der Erde und was passiert? Der Stress holt uns ein! Genau genommen der Kanton-Stress, eine ganz spezifische Unterart des Stresses. Sie ist eng verwandt mit dem Stress, der überaktive und eventgetriebene Menschen befällt. Denn ihr werdet es kaum glauben: hier auf Kanton jagt gerade ein Event das andere und wir sind überall mittendrin und dabei und hoffen insgeheim, dass es bald Sonntag ist und wieder Ruhe einkehrt...
Heute war auf Kanton der letzte Schultag vor den großen Ferien. Und das bedeutet, dass morgen die große "Price-Giving-Ceremony" in der Maneaba stattfindet. Dabei erhalten die Schüler ihre Zeugnisse und die besten bekommen Preise und Belobigungen. Das Ganze ist natürlich nur ein leicht durchschaubarer Aufhänger, um mal wieder eine Party in der Maneaba zu feiern; mit Tanz, Buffet und allem drum und dran. Das bedeutet für uns wiederum, dass Essen und Kuchen vorbereitet werden müssen. Außerdem wurde für die Männer ein Schleppangelwettbewerb befohlen, der morgen bei Sonnenaufgang stattfinden soll.
Aber nicht nur morgen soll es rundgehen. Heute hat uns Brandon bereits ins Dorf eingeladen. Für die morgige Feier will er eines seiner Schweine schlachten, das dann über Nacht im Umu, dem Erdofen, gegart werden soll. Und so machen wir uns gemeinsam mit Monika und Herwig auf den Weg ins Dorf.
Eine Schlachtung auf Kanton ist für sich alleine schon ein Großevent, an dem das halbe Dorf teilnimmt und jede Menge Tee getrunken ("Have a seat, have a tea...") wird. Bis die Sau an den Ohren aus dem Stall gezogen, über einen Palmenstumpf gelegt und geschächtet ist, dauert es schon eine ganze Weile und jede Menge Hände werden benötigt, das Schwein zu bändigen. In Gemeinschaftsarbeit wird die Sau dann abgesengt, aufgebrochen und zerlegt. Takoi schnappt sich das Blut, die Leber und Schwarte, um eine Art Blutsuppe zuzubereiten. Brandon hebt den Umu aus und Bwete heizt den Erdofen mit Kokosnußschalen und getrockneter Pandanus an. Bis schließlich das Fleisch im Umu ist und sich alle wieder entspannt hinsetzen können ("Have some more tea!"), ist es schon beinahe dunkel. Aber bevor wir zurück aufs Schiff gehen, müssen - nein, dürfen wir noch die Blutsuppe probieren. Sie schmeckt einfach kang kang (lecker auf Kiribati) und Volker braucht zwei Nachschläge. Damit ist es endgültig stockfinstere Nacht, als wir uns endlich auf den Heimweg machen.
Glaubt nun aber ja nicht, dass das schon das ganze Programm für die nächsten Tage war. Am Samstag soll nämlich noch ein großes Fischerboot aus Tarawa hier in Kanton vorbeikommen. Da werden wir dann sicher auch wieder rausfahren, eine Schiffsführung erhalten, mit dem Kapitän Tee trinken und schauen, ob sie irgendetwas verkaufen, das für uns oder die Kantonesen nützlich ist. Und das dauert bestimmt auch wieder den halben Tag. Gerüchtehalberweise soll mit dem Fischerboot ein japanischer Radioamateur eintreffen, der für ein paar Tage auf Kanton bleiben und funken will. Trifft dies zu, so steht am Sonntag auch noch eine Welcome-Party in der Maneaba auf dem Programm. Ihr seht also, langweilig wird es uns hier so schnell nicht werden...
Bild des Tages:
Das Schwein ist tot und wird jetzt mit Palmenfackeln abgesengt, bevor es aufgebrochen, zerlegt und in den Umu, den Erdofen gepackt wird. Im Hintergrund sieht Tabunga ganz interessiert seinem Vater Brandon zu. Berührungsängste mit Schlachtungen gibt es selbst bei den Kleinsten keine.