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Samstag 17. November 2012
Unser Standort: Unterwegs von Fiji nach Opua, Neuseeland - Tag 7
Noch zu segeln: 381sm
Bereits zurueckgelegt: 744sm
Etmal: 136sm
Die Erde ist zur Positionsbestimmung in ein Netz aus Breiten- und Laengengraden eingeteilt. Ein Grad ist dabei eine interessante Groesse. Gesetzlich definiert als neunzigster Teil eines rechten Winkels hat zum Beispiel ein Vollkreis 360°. So wie der AEquator als einziger Breitenkreis. Oder die anderen als Grosskreise oder Meridiane bezeichneten Laengenkreise um die Erde. Ein Grad auf einem solchen Meridian entspricht dabei 60 Seemeilen. Und das ist nicht notwendigerweise so. Ein Grad haette auch 100 Seemeilen oder 62,5 Seemeilen entsprechen koennen. Das wurde einfach so definiert.
Teilt man den Erdumfang aber durch 360° erfaehrt man, dass ein Grad auf einem Meridian genau einer Entfernung von 111,12km entspricht. Eine Bogenminute auf einem Erdmeridian ist demnach 1/60 von 111,12km also 1,852km, was nun wiederum einer Seemeile entspricht. Zufall oder nicht?!
So viel Kabbalistik muss zur Einfuehrung aber sein. Denn es begibt sich nun in der unheimlichen Symmetrie der Welt und des Daseins, dass eine normale Segelyacht am Tag so Pi mal Daumen zwei Grad hinter sich bringt, also ein Etmal von 120 Seemeilen (zwei mal sechzig, siehe oben). Dass sich dies nur in Nord-Sued-Richtung oder entlang des AEquators so einfach ausdruecken laesst, blenden wir hier mal aus. Schliesslich segeln wir gerade ziemlich genau Nord-Sued.
Die Plus-Zwei-Grad-Methode ist eine hervorragende Heuristik, wenn man ungefaehr bestimmen moechte, wo eine Segelyacht morgen, uebermorgen, ueberuebermorgen ist. Das brauchen wir derzeit permanent, um uns auf den Grib-Files anzuschauen, wie sich das Wetter in den naechsten ein, zwei oder drei Tagen entwickeln wird. Heute 30°S, morgen 32°S, uebermorgen 34°S und damit beinahe schon in Opua (35°S) angekommen. Fehlen nur noch 60sm, also ein Grad oder ein halber Tag. ETA nach dieser Rechnung am Dienstag Nachmittag Ortszeit.
Doch das koenntet Ihr genauso gut in Wikipedia oder einem Brockhaus (wer weiss noch, was das ist, wer hat noch einen daheim?!) nachlesen. Inhaltlich vielleicht sogar besser und exakter, dafuer nicht ganz so unterhaltsam. Wenn es nun aber woanders steht, warum sollten wir das alles wiederkauen? Fuer so etwas Triviales sind wir uns doch eigentlich zu schade. Doch es gibt einen Grund. Eine andere Betrachtung der Gradmessung auf der Strecke Fiji-Neuseeland. Und die geht so:
Bei der Abfahrt aus der „Lagune“ von Fiji betrug die Temperatur des Meeres angenehme 28°C. Eine Temperatur knapp unter Badewanne, so dass man noch eine Abkuehlung erfaehrt, wenn man hineinspringt, aber auch lange genug ohne zu schlottern rumplanschen kann. Herrlich einfach. Knapp unter 30°C. So kennen und lieber wir das seit Jahren.
Zwei Grad weiter suedlich zeigte die Wassertemperaturanzeige dann nur noch 27°C. Vier Grad weiter auf dem Weg nach Neuseeland sank das Thermometer erneut um ein Grad. Zwei Grade entsprechen damit also einem Grad. Bogenmass zu Temperatur wohlgemerkt.
Mit zunehmender Besorgnis (und immer kaelteren Fuessen) mussten wir so in der letzten Woche beobachten, wie die Meerestemperatur taeglich immer weiter sank. Inzwischen sind wir bei 30°S bei nur noch 20°C. Bibber, schlotter, frier! Denn auch wenn wir gerade nicht schwimmen gehen, weil wir segeln, ist die Temperatur im Schiff nachts doch immer gleich der Meerestemperatur: frostige 20°C. Nichts mehr mit Barfussroute also. Schuhe gehoeren inzwischen zum Pflichtprogramm, genau wie lange Hose und Fleecejacke.
Wenn es so weitergeht, erwarten wir in den naechsten Tagen die ersten Eisberge zu sichten und am Dienstag in eine mit Packeis gefuellte Bay of Islands einzulaufen. Eisbrecher „LA GITANA“ unterwegs nach Sueden, zum Suedpol, in die Antarktis. Und zwar Grad um Grad. Unaufhaltsam.
Bild des Tages:
Jeden Morgen zum Sonnenaufgang begruesst uns die Venus am Osthimmel. Grad um Grad. Zuverlaessig. Wunderschoen.