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Dienstag 25. November 2008

Die Kava-Boys

Unser Standort: Vor Anker im Kanton-Atoll, Phoenix-Islands, Kiribati

 

Viel Zerstreuung gibt es auf einem Atoll wie Kanton nicht gerade. Die jungen Leute hier finden das Leben auf Kanton sogar sehr langweilig. Ob das wohl daran liegt, dass es hier keine Bars, Kneipen oder Disotheken gibt? Die Älteren (wie auch wir) vermissen diese Art der Unterhaltung nicht unbedingt. Und auch Rauschmittel wie Alkohol oder Drogen braucht hier (beinahe) keiner. Kanton ist wie viele andere Inseln im Pazifik im Prinzip eine trockene Insel. Nur bei einem werden die Männer hier schwach, so richtig schwach: Bei Kava...

 

Kava ist ein Pulver, das aus der gemahlenen Wurzel eines pfefferartigen Busches gewonnen wird. Es ist das Rauschmittel im westlichen Pazifik schlechthin. Ursprünglich verbreitete sich das Kava-Trinken wohl von Fiji aus, heute ist es fester Bestandteil des Lebens auf vielen Inseln. In Fiji, Tonga, Samoa und Vanuatu wurde Kava ursprünglich anlässlich besonderer Zeremonien getrunken, z.B. bei der Ankunft eines Ehrengastes oder bei wichtigen Versammlungen. Im Laufe der Zeit hat sich der zeremonielle Aspekt des Kava-Trinkens jedoch von der leicht benebelnden Wirkung des Getränks entkoppelt.

 

Als Gastgeschenk von Antje und Norbert, die im Frühjahr gemeinsam mit uns hier in Kanton waren, haben wir den Kantonesen ein Kilo Kava aus Samoa mitgebracht. Und da gibt es für Paeniu und Brandon, die beiden Ober-Kava-Trinker auf Kanton, kein Halten mehr. Sobald Kava auf der Insel ist, muß es wieder weg. Da gibt es kein Einteilen, keine Mäßigung. Wenn es sein muß, wird eine Woche lang jeden Abend Kava getrunken.

 

Das gemeinsame Kava-Trinken ist etwas ganz besonderes. Während sich alle rings um ihn niederlassen, bereitet Paeniu zunächst in einer 10 Liter großen Schüssel den Kava zu. Hierzu wird das Pulver in ein Tuch oder eine Socke gegeben und sorgfältig durch das Wasser gezogen. Nach circa 10 Minuten hat das Kava-Pulver seine Wirkstoffe an das Wasser abgegeben. Nun kostet Paeniu als erster, um festzustellen, ob der Kava zu stark ist und noch mit Wasser gestreckt werden muß.

 

Dann beginnt die eigentliche Zeremonie. Reihum reicht Paeniu jedem eine halbe Kokosnußschale voll Kava. Bevor man sie in Empfang nimmt, klatscht man einmal kurz in die Hände, dann wird die Schale in einem Zug ausgetrunken. Nicht ganz einfach, denn das Zeugs schmeckt wie Spülwasser. Hat man die Schale ausgetrunken und abgelegt, klatscht man dreimal in die Hände. Und nun beginnt der wirklich schöne Teil des Kava-Trinkens: Es werden die Gitarren ausgepackt und Lieder gesungen.

 

Und so geht das dann über 6 oder auch mehr Stunden. Eine Runde Kava trinken, ein Lied singen, eine Runde Kava trinken, ein Lied singen. An so einem Abend werden dann so zwischen 20 und 30 Kokosnußschalen pro Person Kava getrunken. Und welche Wirkung hat das Ganze, wollt ihr wissen? Nun ja. Diese 20 bis 30 Schalen summieren sich in erster Linie mal zu einer Flüssigkeitsaufnahme von mindestens 5 Litern pro Person. Nach einer Weile herrscht also ein ganz schönes Kommen und Gehen in der Runde :-)

 

Darüber hinaus wirkt Kava nicht berauschend, sondern narkotisierend. Der Geist bleibt erstaunlich klar, wenn man auch müde wird. Als erstes merkt man es an der Zunge. Das Sprechen fällt ein wenig schwer oder man muß deutlich langsamer sprechen, um sich nicht zu verhaspeln. Als nächstes betrifft es die Extremitäten. Arme und Beine werden schwer und hat man eine richtige Dröhnung, kann man wohl weder gehen noch die Arme mehr heben. Viele fallen dann anscheinend einfach um, wo sie gerade sitzen. So weit haben wir es hier aber Gott sei Dank nicht geschafft...

 

Bild des Tages:

Die Kava-Boys in Aktion - Volker wurde von Paeniu und Brandon zum Kava-Trinken eingeladen. Obwohl das Zeugs für den Gaumen eines i-Matangs wirklich nicht besonders toll schmeckt, läßt sich Volker den Abend natürlich nicht entgehen. Dazu ist es einfach zu schön, stundenlang unter dem Sternenhimmel zu sitzen, pazifische Lieder zu singen und sich eine leichte Dröhnung zu geben...