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Mittwoch 15. September 2010

Polynesische Gastfreundschaft und französische Integrationspolitik

Unser Standort: Vor Anker vor Oinafa, Rotuma, Fiji

 

Rotuma gehört nicht wie der Großteil Fijis zu Melanesien, sondern zu einem polynesischen Korridor, der sich von Samoa über Tuvalu und Rotuma nach Tikopia, Ontong Java und Kapingamarangi nördlich von Papua Neu Guinea erstreckt. Alle diese Insel sind von Polynesiern besiedelt, aber von Melanesiern und Mikronesiern umgeben. Sie leben sozusagen eine kulturelle "splendid isolation". Und hier auf Rotuma merkt man gleich, dass man nicht mehr im kulturellen Stammgebiet Fijis ist. Statt "Bula" heißt es hier "Foreksia" und die Menschen haben die etwas hellere Hautfarbe und die stämmige, hochgewachsene Statur der Polynesier.

 

Kaum dass wir heute an Land gingen, lernen wir Filipe kennen, der sich unser annimmt. Er führt uns zu seinem Haus, stellt uns seine Frau und seinen Sohn vor und sofort stehen zwei Trinknüsse auf der schön im Schatten liegenden Ruheplattform. Filipe ist Rotumaner, wurde aber in Suva geboren. Vor 20 Jahren hatte er irgendwie genug von der Großstadt und zog in sein Heimatdorf Oinafa auf Rotuma. Er habe nichts zu tun, sagt er und ist froh um die Abwechslung, die Yachten bringen. Wir sind erst die sechste Yacht, die in Rotuma Zwischenstopp macht, seit hier ein offizieller Port of Entry installiert wurde. Entsprechend unverkrampft ist das Verhältnis der Einheimischen (noch?) zu Yachten, entsprechend gastfreundlich präsentieren sie sich. Jeder hat Zeit für ein Schwätzchen, denn auf den Feldern hier gibt es nicht viel zu tun, wie man uns berichtet. Alles wächst im Überfluß, selbst Taro bauen die Leute hier nicht an. Das gedeiht hier wild in solchen Mengen, dass man sich einfach eine Wurzel ausgräbt, wenn man etwas zu essen braucht.

 

Zweimal werden wir auf unserem kurzen Rundgang spontan zu einem Mittagessen eingeladen. Ein wichtiger Charakterzug der polynesischen Kultur. Ein Fremder fern von seiner Heimat soll keinen Hunger leiden. Hier kann man absolut noch nachvollziehen, wie z.B. die Tahitianer Captain Cook und Konsorten noch mit Nahrungsmitteln versorgt haben. Für heute lehnen wir die Einladungen jedoch dankend ab, wir wollen den Leuten nicht zur Last fallen, denn eine Annahme des Angebots würde bedeuten, dass extra für uns außer der Reihe gekocht werden müßte. Dennoch sind wir von der Gastfreundschaft überwältigt.

 

Wie anders präsentiert sich da doch Frankreich derzeit, wie wir in kurzen Meldungen auf der Deutschen Welle mitbekommen. Leider fehlen uns wichtige Hintergrundinformationen, dennoch fehlt uns jedes Verständnis, wie ein laizistischer, freiheitlicher Staat, noch dazu der Pionier der Demokratie, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit das Tragen von Burkas per Gesetz verbieten kann. Zeigt Sarkozy nun sein wahres Gesicht und wird mit den Ausgrenzungsaktionen gegen Muslime und Roma zum Rattenfänger im rechten Wählerspektrum? Man muß sich das mal vorstellen! Wie kann es sein, dass ein Staat wie Frankreich einer bestimmten religiösen oder kulturellen Minderheit verbietet, ihre traditionelle Kleidung zu tragen? Das wäre so, als würde die Bundesregierung das Tragen von Lederhosen verbieten!! Uns fehlen wie gesagt die Hintergründe und Begründungen für diese Gesetze und Verordnungen, vielleicht steht ja doch etwas Gutes dahinter. Betrachtet man allerdings aus der Distanz nur das eigentliche Gesetz, verwundert es, dass wir keinen Aufschrei der Empörung aus Europa hören. Was ist denn der nächste Schritt? Müssen alle Muslime einen grünen Halbmond auf ihre Kleidung nähen??

 

Bild des Tages:

 

Trotz der ganzen Empörung über Frankreichs "Integrationspolitik" - ist unser Ankerplatz nicht ein Traum? Wie gut, dass uns hier niemand verbietet, in Shorts rumzulaufen...