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Mittwoch 26. März 2014
Unser Standort: Vor Anker in der Lagune des Lamotrek Atolls, Yap State, Mikronesien
Die Fahrt von Puluwat nach Lamotrek war wirklich schnell. Sehr schnell sogar. Einen Großteil der Strecke segelten wir mit einem Schnitt von über sieben Knoten und auch bei Sonnenaufgang heute früh waren wir noch über sechs Knoten schnell. Vielleicht ist das ja der Grund, dass wir in den letzten 24 Stunden kein Angelglück hatten. Dabei sind die Vorräte ziemlich runter und so ein Schuppentier (gern auch zwei oder drei) käme ganz gelegen.
Als wir Lamotrek kurz nach Sonnenaufgang erreichen, segeln wir so nahe ans Außenriff ran, wie nur irgendwie möglich, um die Chancen auf Fisch zu erhöhen. In der Nähe der Riffe beißt eigentlich immer etwas und dank der phantastisch klaren Sicht segeln wir nur 15 oder 20 Meter von der Riffkante entlang. Und tatsächlich gehen kurz vor dem Erreichen des Passes beide Angeln los. An der einen ist dummerweise ein so großer Fisch dran, dass er glatt alle Sehne von der Rolle zieht und dann den Haken aufbiegt. Dann eben die andere Angel. Da hängt ein Fisch recht satt dran. Doch als wir ihn bis unters Heck geholt haben, schwimmt er einfach so davon! Der hat noch nicht mal eine Bewegung gemacht! Der ist einfach so vom Hakten weggeschwommen!! Das gibt’s doch gar nicht. Die zwei Ehrenrunden, die wir anschließend am Riff drehen, bleiben leider erfolglos. Also kommen wir ohne Frischfisch in Lamotrek an.
Vor dem Dorf in der Lagune haben Segler vor ein paar Jahren Moorings ausgelegt, auf die uns ein Kanu hinweist, das zu unserer Begrüßung rauspaddelt. Wir finden allerdings, dass die Moorings zu dicht unter Land sind und ankern lieber weiter draußen. Dort hat es mehr Wind für den Windgenerator und weniger Fliegen und Moskitos.
Dann machen wir die Bekanntschaft von Francis, den offiziellen „Meeter and Greeter“ von Lamotrek. Er ist uns von der ersten Sekunde an unsympathisch, wie er sich ins Cockpit fläzt und nach diesem und jenem fragt. Ein paar dieser Typen durften wir auf anderen Inseln ja schon kennenlernen. Sie haben das Privileg des Erstkontaktes mit Yachten und versuchen so schnell es irgendwie geht, so viel wie möglich aus ihnen rauszuholen. Zu dieser Strategie gehört es dann auch, die Yachties unter Begleitschutz zu nehmen, wenn sie an Land kommen, so dass sie ja niemand anderen unbeaufsichtigt kennenlernen können. Ans Inselprotokoll gebunden, müssen wir uns heute leider erst einmal auf die „offizielle“ Inselführung durch Francis einlassen.
Missmutig marschiert er voran und hält uns permanent Lavalavas, Schnitzereien, Obst und Gemüse unter die Nase. „Do you want to buy?“ Nein, Danke! Irgendwie starten wir auf völlig falschem Fuß mit Lamotrek. Die paar Yachten, die vor uns hier waren, schwärmten in höchsten Tönen von dem Atoll. Uns hingegen kommt es vor wie ein touristisches Disneyland nach der warmherzigen Offenheit und Gastfreundschaft der anderen Inseln, die wir in den letzten Monaten, ja sogar Jahren besucht haben. Dazu trägt sicher auch die „Landing Fee“ von satten 20 USD pro Kopf bei. So hohe Gebühren verlangte wirklich noch keine Insel.
Im Gegenzug, meinte Francis, dürften wir auch überall rumlaufen, schwimmen, tauchen und photographieren. Ach wie toll! Das durften wir woanders ja nie. Als Bonus obendrauf gibt es dafür noch den Verlust jeglicher Zurückhaltung bei den Insulanern. Noch vor dem Guten-Tag-Sagen geht es los: „Cigarettes, candy, batteries, solar panels, generators, rice, flour, power tools?“ Und das sind keineswegs Vokabelübungen. Nein, die Leute fragen einfach für die ansonsten atolltypische Zurückhaltung sehr ungeniert nach Sachen. Uff! Seit ganz ganz langem (wenn überhaupt jemals) haben wir eine Insel besucht, die dermassen „gimme“ war…
Vielleicht sind wir aber auch nur etwas übermüdet von der unruhigen Nacht auf See und morgen sieht alles schon wieder ganz anders aus.
Bild des Tages:
Der Tag endet dann doch noch recht angenehm mit dem Besuch im hiesigen „Biergarten“. Bei zwei „men’s houses“, zu Männerhäusern umfunktionierten Kanuhäusern, findet sich jeden Nachmittag ab drei Uhr die männliche Bevölkerung von Lamotrek ein, um dem Faluba, dem Palmwein zuzusprechen. Der Faluba von Lamotrek ist der erste, der uns wirklich richtig gut schmeckt und entfernt an sauren Apfelmost erinnert. Das Gebräu wird hier aus dem Palmwein vom Vortag und dem aktuellen Tag verschnitten und hat einen Alkoholgehalt von satten 10 Vol% oder mehr sogar. Wohlmeinende Beobachter oder Teilnehmer an der Faluba-Runde würden wahrscheinlich sagen, dass es ein nettes Get-together ist, bei dem viel „story“ gemacht wird. Keine Frage, das ist es auch. Realisten hingegen können nicht umhin, die tagtäglichen Faluba-Runden als Massenbesäufnis à la Oktoberfest zu bezeichnen. Zwischen drei und fünf Uhr haut jeder Mann so 10 oder 12 Kokosschalen Faluba weg, was 10 oder 12 nicht ganz voll geschenkten Gläsern Wein entsprechen dürfte. Dann ist zwei Stunden Pause, um den auch Tuba genannten Faluba zu schneiden. Und um sieben treffen sich die Männer erneut, um nochmals die gleiche Menge Alkohol wegzuputzen. Das Lallen zeigt dabei ganz deutlich, dass auch die Lamotrekesen nicht gegen Alkohol immun sind. Und was die Frauen dazu sagen, die von der Faluba-Sauferei ausgeschlossen sind, kann man sich leicht denken…