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Donnerstag 11. Juli 2013

Invasion auf Mystery Island

Unser Standort: Vor Anker in der Ichepthav Bucht, Anatom, Vanuatu

 

Südlich vom Dorf liegt eine kleine Insel mit in der Sonne funkelndem, schneeweißem Sandstrand, umgeben von einer türkisfarbenen Lagune. Beinahe kitschig sieht das Inselchen von unserem Ankerplatz aus aus. Die Einheimischen hegen die Befürchtung, dass es auf der Insel Geister gibt, weshalb sich nie jemand des nächtens auf die Insel traut. Ein Aberglaube, den sich Mitte des 19. Jahrhunderts bereits die „Blackbirder“ zu Nutze gemacht hatten. Sie fingen auf allen pazifischen Inseln Menschen ein, teils mit Gewalt, teils mit völlig erstunkenen und erlogenen Versprechungen, um sie in die Salpeter-Minen nach Chile oder in den Erzabbau nach Australien zu verhökern. Gar nicht doof, ließen sich die Blackbirder auf dem Inselchen nieder, denn es war schon praktisch, dass man keine nächtlichen Überfälle der Einheimischen befürchten musste.

 

Und die muss man heute auch nicht befürchten. Ganz im Gegenteil. Eigentlich müssen die Einheimischen die Überfälle rotgesichtiger Australier fürchten, die hier zu tausenden an den Strand gekippt werden.

 

Das Inselchen hört inzwischen nämlich auf den pittoresken Namen „Mystery Island“ und ist seit den 1980er Jahren ein ständiger Stopp der Kreuzfahrtgesellschaften P&O und Carnival Cruises. Durchschnittlich einmal pro Woche hält hier eines der Kreuzfahrtschiffe und auf Mystery Island geht es zu wie auf dem Rummelplatz.

 

Die Damen von Anatom bauen Marktstände auf, an denen allerlei Nippes und Tand verkauft werden. Warum allerdings alles „Made in China“-Standard-Touri-Souvenir-Kram ist und sich kein lokales Kunsthandwerk findet, erschließt sich uns nicht. Die Männer sind voll dabei, den Kreuzfahrttouristen Schnorchel- und Angelausflüge anzudienen. Das Ganze zu recht gesalzenen Preisen.

 

Durch diese regelmäßigen Kreuzfahrtschiffbesuche ist die Insel Anatom zu einem relativen Wohlstand gekommen. Und den Kreuzfahrern gefällt das sauber gepflegte „Mystery Island“ mit seinen schön angelegten Wegen, den aus Bambus-Flechtwerk gebauten und mit Pandanus-Blättern gedeckten Hüttchen und dem schönen Strand. Ach wie ist das schön hier, hören wir allenthalben. Und Recht haben sie, die Kreuzfahrttouristen: Es ist wirklich schön und schnuckelig auf Mystery Island. Für unseren Geschmack allerdings ein wenig zu voll.

 

Nach einer Stippvisite am Vormittag brechen wir daher auf, weitere Ankerplätze an der Küste zu erkunden. Wir finden einen wunderschönen Einschnitt im Saumriff und fahren hinein. Allerdings ist der Pool so eng, dass wir befürchten, wie die Maus in der Falle zu sitzen, wenn mehr Wind aufkommt. Also segeln wir langsam weiter auf die Nordseite von Anatom, wo unser Grundeisen schließlich in der Itchepthav Bucht auf 4 Meter in den schwarzen Lavasand fällt. Schön ist es hier. Sehr schön sogar. Im weichen Licht der untergehenden Sonne wirkt die Szenerie so wildromantisch wie zuletzt die Marquesas Inseln.

 

Bild des Tages:

Heute ist es die „Carnival Spirit“, die an die 1.000 Besucher auf Mystery Island ausspuckt. Und schon morgen soll die deutlich größere „Pacific Pearl“ hier ankern und über 2.000 Besucher auf Mystery Island ausbooten. Ohne uns.