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Dienstag 23. November 2010
Unser Standort: Vor Anker bei Taroa, Maloelap Atoll, Marshall Inseln
Um neun Uhr heute Morgen, pünktlich zum Niedrigwasser, sind wir mit Zacharias verabredet, der uns auf eine Inseltour mitnehmen möchte. Um zehn Uhr sind wir immer noch an Bord, doch das ist nicht unsere Schuld. Denn pünktlich um neun Uhr hören wir mal wieder Stimmen draussen: "Hello, hello!". Das löchrige Aluminiumboot ohne Motor ist wieder da, diesmal besetzt mit drei Männern. Einem davon hatten wir gestern eine alte Leine in die Hand gedrückt, da das Geschenkband, das er als Festmacher für sein Boot nutzte, eher als Zahnseide zu gebrauchen war.
Als Dank ist er gestern Abend zur Langustenjagd aufs Riff gegangen und überreicht uns nun freudestrahlend zwei schöne, frische Langusten. Mindestens ebenso freudestrahlend nehmen wir sie gerne an, was jedoch ein kleines Weilchen dauert. Die Biester halten sich mit jedem ihrer 10 Beine in den Löchern des Siebes fest, in dem sie transportiert wurden. Kaum sind drei Beine aus den Löchern befreit und ich versuche mich am nächsten, hängen schon wieder zwei der anderen Beine in den Löchern...
Als wir es schließlich doch noch schaffen, die beiden leckeren Krabbeltiere in einen Eimer zu transferieren, schenken wir unseren Hummerjägern noch ein Bündel Kavawurzeln, das aus Fidschi übrig geblieben ist. Dem Grinsen in den Gesichtern der Drei nach zu urteilen, finden sie Kava richtig gut.
Jetzt aber schnell an Land, wo Zacharias auf uns wartet. Ob wir die große oder kleine Tour machen wollen. Die große natürlich, ganz klar! Und so führt uns Zacharias zu unzähligen alten Bauwerken, Bunkern und Kanonen der alten japanischen Garnison und erzählt uns Geschichten dazu. Der Großteil der Anlagen wurde wohl von Koreanischen Zwangsarbeitern gebaut. Aber auch die männliche Inselbevölkerung wurde zum Arbeitsdienst zwangsverpflichtet. Lohn gab es selbstverständlich keinen, nur Essen und Trinken. Er berichtet davon, dass die Japaner eine Insel etwas nördlich von Taroa "abgebaut" hatten, um mit dem Material die Nordwestecke von Taroa zu vergrößern. Heute stehen hier die Bunker und Kanonen wieder weit im Wasser. Das Meer hat sich das aufgefüllte Stück Land zurückgeholt.
Wir gehen entlang mehrer, hunderte Meter langen Uferbefestigungen. Sie schützten die Enden der zwei Landepisten vor Erosion. Kein Wunder dass viele Inselbewohner im Pazifik nicht verstehen, warum man ihre Inseln nicht micht solchen Befestigungen vor dem Untergang retten kann. Als Maßnahme gegen den Anstieg der Meeresspiegel scheint dies heute keine Industrienation umsetzen zu wollen. Geht es aber um Krieg, Herrschaft, Dominanz und Ausweitung der eigenen Machtsphäre, so war die Errichtung ausgedehnter Uferbefestigungen schon vor hundert Jahren kein Problem.
Als wir an einer Stelle vorbeikommen, wo mehrere Fliegerbomben sowie große Artilleriegeschosse am Strand rumliegen, macht Zacharias einen großen Bogen um die Hinterlassenschaften. Im Busch gehe regelmäßig noch ein Blindgänger hoch, meint er achselzuckend. Um Todesfälle und schwere Verletzungen zu vermeiden, ist es inzwischen verboten, im Busch ausserhalb des Dorfes Feuer anzuzünden. Das würde nämlich die Bomben zünden, wenn man es dummerweise genau auf einer Bombe entfacht. Vielleicht wäre es ja auch ein netter Zug der ehemaligen Besatzungsmächte gewesen, die Bomben zu räumen.
Nach knappen drei Stunden sind wir einmal um die Insel rum und haben genügend Bunker, Kanonen, Flugzeugwracks und Munition für einen Tag gesehen. Als wir uns im Schatten am Lagunenstrand ausruhen, erzählt uns Zacharias noch, dass er einen kleinen Laden habe und am Freitag das Versorgungsschiff komme. Da das Regierungsschiff seit Jahren sehr unzuverlässig ist und manchmal nur alle paar Monate nach Maloelap komme, hat sich das Atoll vor 12 Jahren ein eigenes kleines Versorgungsschiff angeschafft, das nun einmal im Monat vorbeikommt, Lebensmittel und Vorräte bringt und Kopra zur Kopramühle nach Majuro mitnimmt. Wenn wir das gewußt hätten, hätten wir glatt etwas in Majuro bestellen können...
Bild des Tages:
Trügerisch friedlich liegt eine Fliegerbombe unterhalb eines zerfallenden Artilleriegeschützes am Strand.