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Montag 22. November 2010

Auf Tauchstation

Unser Standort: Vor Anker bei Taroa, Maloelap Atoll, Marshall Inseln

 

Bequemer kann man einen Wracktauchgang nicht serviert bekommen. Knapp fünfzig Meter neben uns liegt die "Terushima Maru" aufrecht auf dem Grund. 100 Meter lang, 10 Meter breit bietet sie reichlich Platz für einen langen Wracktauchgang, denn die durchschnittliche Tauchtiefe beträgt nicht einmal 10 Meter.

 

Das Schiff wurde Ende 1920, Anfang 1930 als Frachter gebaut und später von der japanischen Marine "eingezogen". Am 18. Mai 1943 wurde die "Terushima Maru" südwestlich von Maloelap von einem Torpedo des amerikanischen U-Bootes Pollock getroffen und beschädigt. Trotz der Schäden gelang es der "Terushima Maru" noch, bis in die Lagune von Maloelap und zur Garnison auf Taroa zu fahren. Hier wurde das Schiff in seichtem Wasser vermurt, so dass es bei einem Sinken nicht zu tief sinken würde. Im Dezember 1943 wurde die "Terushima Maru" schliesslich bei einem amerikanische Luftangriff so schwer getroffen, dass sie sank. Seitdem sitzt sie hier aufrecht auf dem Grund. Nur die zwei Lademasten schauen weit über die Wasseroberfläche hinaus.

 

Ausser dem Rumpf und den Laderäumen ist das Wrack nicht mehr in einem guten Zustand. Das liegt zum einen an den Bombenangriffen. Zum anderen aber auch an einem Sprengversuch, den ein Abwrackkommando in den Siebziger Jahren unternahm, und bei dem wohl ein Großteil der Schiffsaufbauten weggesprengt wurde.

 

Dennoch ist es ein faszinierender Wracktauchgang, der am Heck beginnt, wo man einen vollständig intakten dreiflügeligen Propeller mit Ruderanlage vorfindet. Bewacht wird das Heck von einer großen Schule Stachelmakrelen und einem enorm grossen Zackenbarsch, der sicher ein Meter oder länger ist. Das Heck ist sein Revier, das macht er unmissverständlich klar, als er mich Eindringling entdeckt hat. Immer wieder schwimmt er auf mich zu und baut sich vor mir auf, um erst im letzten Augenblick den Weg wieder freizugeben.

 

Am Heck enden auch die an Backbord und Steuerbord verlegten Schienen fürs Abwerfen der Wasserbomben, von denen sich ja noch einige scharfe in den Laderäumen befinden sollen. Zahlreiche Leitern führen ins Nirgendwo, Türstöcke öffnen ins Nichts, Bullaugen sehen mit leerem Blick ins tiefe Blau. Wie viele Taucher vor mir dieses Wrack wohl schon betaucht haben? Ich denke, dass es keine zweihundert waren. Aber die, die hier waren, waren gründlich. Es finden sich absolut keine losen Gegenstände, die als Souvenir taugen könnten. Da hat jemand schon früher alles sauber abgeräumt...

 

Bild des Tages:

 

Leitern führen ins Nirgendwo, Türstöcke öffnen ins Nichts, Bullaugen sehen mit leerem Blick ins tiefe Blau - ein Wracktauchgang lebt von den surreal anmutenden Stahlskulpturen