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Mittwoch 04. Januar 2006

Traumtag mit Alptraum-Ende

Unser Standort: 512 sm südsüdwestlich von Gran Canaria - Tag 4 auf See/ noch 2.270sm

Auf der Homepage auch die beiden Links mit Positionsreportern beachten

 

Eigentlich war das heute ein Traumtag. Er hat schon mit einem traumhaften Sonnenaufgang begonnen. Der in der Nacht wiederum böige Wind bis 7 Windstärken ließ uns zwar mächtig rollen, aber eben auch gute Fahrt machen. Dementsprechend war unser heutiges Etmal erneut 155sm! Mit dieser Geschwindigkeit könnten wir die Atlantiküberquerung in 17 Tagen schaffen. Mit Sonnenaufgang ließ der Wind dann auf die perfekte Passatbedingung von 15-20kn nach und wir rollten wieder unser Passatsegel aus. Die Sonne schien kräftig und ließ uns den ersten Segeltag in Badekleidung seit - ja seit wann eigentlich? - seit Mallorca im September? - geniessen. Wir lagen faul im Cockpit, labten uns an frischem Obstsalat, funkten mit den anderen Seglern um die Wette.

 

Aber leider war es eben nur eigentlich ein Traumtag!! Am Morgen hatten wir nochmals mit der Amel-Werft wegen unserer polternden Schraube telefoniert. Vielleicht ist das ja ein bekanntes Phänomen auf Maramus. Gut, dass wir LA GITANA in Hyères, in der Nähe und mit Hilfe der dortigen Amel-Vertretung renoviert hatten. Man erinnerte sich sofort an uns und wir hatten postwendend den Chef-Techniker am Satelliten-Telefon. Der konnte uns aber auch nicht viel weiterhelfen. Nein, es sei kein bekanntes Problem. Wenn es nur vibrieren würde, dann könnten wir wohl schon in die Karibik segeln. Aber etwas genaues konnte er uns leider auch nicht berichten. Was soll der arme Kerl auch sagen. Wir sind mehrere tausend Kilometer entfernt und fragen ihn, ob wir mit einem bestimmten Problem, das er gar nicht aus der Nähe kennt, über den Atlantik bis in die Karibik kommen?

 

Zunächst hat uns das Telefonat auch beruhigt und wir sagten uns, dass wir da schon gut rüberkämen. Es sind ja nur Vibrationen. Als am späten Nachmittag der Wind dann wieder auffrischte, war das Poltern der Schraube allerdings wieder da. Und zwar eindeutig stärker als zuvor. Und jetzt mehr ein Schlagen als ein Vibrieren. Houston, wir haben hier ein Problem. Kriegsrat wird gehalten. Was tun, sprach Zeus. Volker denkt, dass er aus Bordmitteln eine Wellenbremse aus Sperrholz und Schraubzwingen bauen könnte. Das würde natürlich helfen. Denn wenn die Schraube nicht mehr mitläuft, kann sich das Problem ja auch nicht mehr verschlimmern. Und nein: wir haben ein hydraulisches Getriebe, das sich nicht einfach durch Gang einlegen blockieren läßt. Selbst nach dreimaligem Studium der Betriebsanleitung finden wir keinen Hinweis, wie so etwas möglich wäre. Wir zweifeln allerdings noch, ob die machbare Konstruktion einer Wellenbremse aus Bordmitteln, wirklich stark und haltbar genug wäre, die Schraube dauerhaft und für die nächsten 2.500sm zu blockieren.

 

Und dann hätten wir ja noch die Möglichkeit, die Kapverden anzulaufen, um dort eine zumindest provisorische Reparatur zu versuchen oder wenigstens die Ursache bei ruhigen Bedingungen vor Anker zu eruieren. Keine besonders verlockende Aussicht. Eigentlich wollen wir die derzeitigen Traum-Segelbedingungen ausnutzen und schnellst möglich in die Karibik segeln. Die Kapverden locken uns nicht so sehr. Dazu haben wir darüber viel zu viel Unterschiedliches gehört. Morgen ist für das Anlaufen der Kapverden der Point of No Return. Wenn wir morgen nicht abdrehen, müßten wir gegen den Passat zurück und das geht nicht.

 

Wir beschliessen daher, das ganze auszureizen und die Entscheidung auf morgen früh zu vertagen. Die Nacht über wollen wir beobachten, wie sich das Problem entwickelt und ob wir gegebenenfalls mit reduzierter Geschwindigkeit über den Atlantik segeln können.

 

Zu gerne hätten wir gewußt, was die Ursache für das Poltern ist. Inzwischen vermuten wir irgend eine Unwucht an Schraube oder Welle. Sie könnte entstanden sein, als wir das Fischernetz vor Lanzarote in die Schraube gekriegt haben. Denn davor war von der ganzen Sache nichts zu merken. Und danach gab es keinen Vorfall, der so etwas hätte erzeugen können. So ein Mist!! Geht bei uns denn eigentlich gar nichts glatt?? Tausende von Seglern kriegen Fischernetze in den Antrieb und ohne Folgen wieder raus. Aber genau bei uns muß daraus wieder ein Riesenproblem werden. Und wie viel Ärger macht uns der ganze Dieselantrieb eigentlich noch. Das erinnert uns wieder an die seligen Zeiten in Hyères, als wir mit dem Motor und Jean-Pierre gekämpft haben. Kein besonders schönes Déja Vu. Vielleicht sollte man Segelboot überhaupt ohne Dieselantrieb bauen. Wilfried Erdmann hat da ja auch eine einschlägige Ansicht dazu.

 

+++ RUBRIK: Was macht man so auf dem Atlantik? +++

+++ HEUTE: Freizeit an Bord - eigentlich gibt's die nicht.

 

Eigentlich möchte ich diesen Absatz schon wieder mit eigentlich beginnen. Denn eigentlich wollten wir Euch heute erzählen, wie wir so den Tag an Bord mit angenehmen Dingen zubringen. Wenn da aber eben dieses Wörtchen "eigentlich" nicht wäre. Wie gesagt, ein großer Teil unseres heutigen Tages bestand darin, faul und bequem in der endlich wärmenden Sonne zu liegen und zu lesen. So richtig entspannend war es dann aber doch nicht. Denn eigentlich drehten sich unsere Gedanken den ganzen Tag um unsere Schraube und was wir damit tun. Eigentlich wird also an Bord immer gearbeitet. Und eigentlich hab ich jetzt auch keine Lust mehr, mehr zu schreiben. Und deswegen lass ich es jetzt einfach auch. Bis morgen.

 

+++ RUBRIK ENDE +++

 

Bild des Tages:

So schön hat dieser Sch...Tag begonnen.